Schoa

»Die Lager waren überall«

Aus Wien deportierte Juden im Lager Opatow nahe Kielce/Polen (1941) Foto: dpa

Seit 13 Jahren arbeiten Historiker des Holocaust Memorial in den USA an einer Dokumentation aller Ghettos, Zwangsarbeitsstätten, KZs und Vernichtungslager der Nazis. Noch sind die Wissenschaftler mit ihrer Arbeit nicht fertig, doch, wie die New York Times berichtete, verweisen die ersten Ergebnisse darauf, dass das NS-System noch umfassender war, als bisher angenommen wurde. Statt der bislang meist genannten und vermuteten 7000 KZs und anderer NS-Stätten waren es etwa 42.500. »The Holocaust Just Got More Shocking«, der Holocaust wurde noch schockierender, titelt die New York Times.

»Judenhäuser« »Wir wussten ja, wie schrecklich das Leben in den Ghettos und Lagern war«, sagte der Historiker Hartmut Berghoff dem Blatt. »Aber die Zahlen sind unglaublich.« Berghoff ist Direktor des Deutschen Historischen Instituts. Was die Historiker unter der Leitung von Geoffrey Megargee und Martin Dean nun zutage förderten, ist der Nachweis der Existenz einer immensen Zahl von Klein- und Kleinstlagern: sogenannte »wilde KZ«, »Judenhäuser« oder »Asozialenhäuser«. Allein in Berlin sind 3000 Lager und »Judenhäuser« dokumentiert.

Diese Zahlen belegen nicht nur, dass der NS-Terror gegen Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Sozialdemokraten, Kommunisten, Zeugen Jehovas und andere noch umfassender war, als bislang angenommen. Sie zeigen zudem, wie Martin Dean ausführte, dass das Wissen der deutschen Mehrheitsgesellschaft über den NS-Terror größer gewesen sein muss, als oft behauptet wurde. Die Lager hatten regionale oder lokale Bedeutung und waren nicht zu übersehen. »Man konnte buchstäblich nirgendwo in Deutschland hingehen, ohne nicht auf ein Zwangsarbeitslager, ein Kriegsgefangenenlager oder ein KZ zu stoßen«, sagte Dean der New York Times. »Sie waren überall.«

Zentralrat Der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann, bezeichnete die Summe von 42.500 Lagern als »unfassbar hoch und erschreckend«, doch spiegele sie die damalige Realität wider. Allein durch diese Zahl, die um ein Vielfaches höher ist als bisher angenommen, werde deutlich, wie allgegenwärtig Verfolgung und Leid waren, so Graumann. »Umso unglaubwürdiger wird die Aussage vieler, man habe nichts gewusst. Lager und Terror waren überall. Wer damals wissen wollte, der wusste. Nur leider haben viel zu viele Menschen ihre Augen und ihre Herzen verschlossen oder sogar aktiv mitgemacht.«

Die Verbrechen der Nazis fanden inmitten der Gesellschaft statt, dennoch waren die Opfer total allein ihren Verfolgern ausgesetzt, unterstrich Graumann. »Das sind die schrecklichen Tatsachen, mit denen wir uns bis heute auseinandersetzen müssen, und die noch einmal zeigen, wie wichtig es ist, jegliche Art von Antisemitismus und Rassismus in unserer Gesellschaft frühzeitig zu bekämpfen.« ja

Berlin

Scholz: »Der Terror der Hamas muss enden«

Der Bundeskanzler appelliert an die palästinensische Terrororganisation, ihre Waffen »ein für alle Mal« niederzulegen

 17.01.2025

Bitburger Gespräche

Schuster für härtere Strafen gegen Antisemitismus im Netz

Antisemitismus gelte inzwischen als eine Art »Aufnahmeritual« in bestimmten Gruppen, warnt Zentralratspräsident Josef Schuster. Er sieht die Politik dazu aufgefordert, »Strafbarkeitslücken« zu schließen

von Matthias Jöran Berntsen  17.01.2025

Washington D.C.

Trump will Israel im Fall einer neuen Gaza-Operation unterstützen

Der künftige Präsident will zudem das Momentum des Waffenruheabkommens nutzen, um die Abraham Accords wiederzubeleben

 17.01.2025

Meinung

Die linke Tour der Alice Weidel

Mit ihren Aussagen zu Adolf Hitler im Gespräch mit Elon Musk hat die AfD-Chefin erneut ihre Inkompetenz bewiesen

von Michael Thaidigsmann  17.01.2025

Kommentar

Warum bejubelt ihr den Terror, statt euch über Frieden zu freuen?

Ein Kommentar von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel über die israelfeindlichen Demonstrationen in Berlin-Neukölln nach Verkündung der Gaza-Waffenruhe

von Philipp Peyman Engel  16.01.2025

Düsseldorf

Jüdische Zukunft: Panel-Diskussion mit Charlotte Knobloch

Auf dem Podium sitzen auch Philipp Peyman Engel, Hetty Berg und Armin Nassehi

 16.01.2025

Meinung

Die Kürzung der Fördermittel für antizionistische Vereine ist richtig

Unterstützung für Menschenrechtsorganisationen darf nicht bedeuten, dass man am Ende Hass und Hetze unterstützt

von Olga Deutsch  16.01.2025

Reaktionen auf das Abkommen

»Ein Gefühl der Freude in den Adern des jüdischen Volkes«

Politiker und jüdische Organisationen weltweit haben mit Freude auf das Abkommen zur Freilassung der Geiseln reagiert – Donald Trump lobte sich selbst

 15.01.2025

Gazakrieg

Scholz: Waffenruhe Chance für dauerhaftes Kriegsende

Der Bundeskanzler reagiert erleichtert auf eine Einigung über einen Geisel-Deal zwischen Israel und der Hamas

 15.01.2025