In Großbritannien wird die Parlamentsabgeordnete Jo Cox wegen ihrer Pro-Europa-Haltung auf offener Straße ermordet. In Orlando richtet ein Attentäter aus Hass gegen Schwule ein Massaker mit 50 Toten an. Und bei uns in Deutschland steigt die politisch motivierte Gewalt im Vergleich zum Vorjahr um 30 Prozent. Es scheint, als würde überall auf der Welt das gesellschaftliche Leben immer stärker von Hass und Gewalt geprägt werden. Für viele Juden ist das leider keine neue Erfahrung, denn sie sind seit jeher Anfeindungen von Antisemiten ausgesetzt.
Hass und Gewalt sind Folge und trauriger Gipfel des Rechtspopulismus, der überall auf dem Vormarsch ist. »Lügenpresse«, »Elitenbetrug«, »Systemparteien«, »Kanzlerdiktatorin« – das sind die Vokabeln, mit denen bei uns in Deutschland das politische Klima vergiftet wird. Muss man sich da wundern, wenn sich rechtsradikale Wirrköpfe ermutigt fühlen, vom Wort zur Tat zu schreiten?
radikalisierung Für Rassismus und Antisemitismus darf es in Deutschland niemals Toleranz geben. Dass die AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg einen bekennenden Antisemiten in ihren Reihen duldet, zeigt die Radikalisierung dieser Partei. Bei allen Unterschieden der rechtspopulistischen Bewegungen, die es weltweit gibt – sie haben gemeinsam, dass sie an einer systematischen Spaltung unserer Gesellschaft arbeiten.
Wenn wir den Hass überwinden wollen, müssen wir auf die Kraft der Argumente setzen. Jede Gesprächsverweigerung bestätigt die krude These vom Meinungsdiktat der Mainstream-Medien. Wer diskutieren will, muss Widerspruch aushalten. Wer Andersdenkende angreift, sie bedroht oder einschüchtert, zerstört die Demokratie. Ich höre jedem zu, der bereit ist, sich auch meine Argumente anzuhören. Aber mit Gewalttätern kann man nicht diskutieren. Sie bleiben ein Fall für den Staatsanwalt, und wer sich von ihnen nicht klar distanziert, ist moralisch mitschuldig an ihren Taten.
Der Autor ist Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz.