Das geplante Deutsch-Israelische Jugendwerk wird in der laufenden Legislaturperiode nicht mehr an den Start gehen.
Angestrebt werde, bis Ende 2025 die Organisationsform für die künftige Zusammenarbeit festzulegen und mit deren rechtlicher Umsetzung zu beginnen, sagte eine Sprecherin des Bundesjugendministeriums am Donnerstag in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch über die Standortfrage der Einrichtung in Deutschland sei bislang nicht entschieden worden. Ihr Interesse daran haben bereits Wittenberg (Sachsen-Anhalt), Weimar (Thüringen) und München angemeldet.
Bereits 2018 hatte der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, ein Deutsch-Israelisches Jugendwerk zu gründen. Ein erstes Treffen der binationalen Arbeitsgruppe habe jedoch erst Mitte 2022 stattgefunden, so die Sprecherin. Aufgrund von wiederholten Neuwahlen in Israel sei eine schnellere Konstituierung der Arbeitsgruppe nicht möglich gewesen.
Fehlende Standortentscheidung gefährdet Thüringer Pläne
Die Verzögerung stellt die Weimarer Bewerbung als Sitz der Einrichtung vor Probleme. Vorgesehen ist bislang eine Integration des Deutsch-Israelischen Jugendwerks in einen kurz vor Baustart stehenden Neubau einer Jugendherberge im Zentrum der Stadt. Ohne Standortentscheidung gilt dieser Plan als gefährdet. Das Thüringer Jugendherbergswerk bezeichnete eine Standortentscheidung nach 2025 als »recht spät«. Die geplante Jugendherberge sei zu diesem Zeitpunkt bereits mitten im Bau.
Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, forderte gegenüber epd, die Verzögerung dürfe Weimars Chancen als Sitz des Jugendwerks nicht schmälern. Er begründete sein Eintreten für Weimar mit den einzigartigen Vorzügen der Stadt im Hinblick auf die deutsche Geschichte und Kultur. Weimar sei die Stadt Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) und Friedrich Schillers (1859-1805). Es sei aber auch der Ort, an dem Zehntausende Jüdinnen und Juden im Konzentrationslager Buchenwald gequält und ermordet worden seien. Zudem sei das jüdische Erbe des nahegelegenen Erfurt 2023 zum Weltkulturerbe erhoben worden.
»Lutherstadt Wittenberg« aus jüdischer Sicht als nicht vermittelbar, so Reinhard Schramm
Die Bewerbung Wittenbergs bezeichnete Schramm aus jüdischer Sicht als nicht vermittelbar. Wittenberg habe sich den offiziellen Namen »Lutherstadt Wittenberg« gegeben. Bei allen Verdiensten des Reformators Martin Luther (1483-1546) sei dieser doch ein bekennender Antisemit gewesen. Damit scheide die Stadt als Standort aus.
Thüringens Landesregierung hält an ihrer Unterstützung der Weimarer Bewerbung fest. Staatskanzleiminister Benjamin-Immanuel Hoff sagte, über mögliche alternative Standorte in der Stadt könne man erst dann reden, wenn klar sei, wann die Einrichtung konstituiert werde. Wichtiger sei aktuell jedoch ein Ende des Krieges in Israel und eine Sicherheitslage, die es allen Bürgerinnen und Bürgern gestatte, ohne Gefahr für Leib und Leben ihren Alltag zu bewältigen, sagte der Linken-Politiker. Dies sei auch Grundlage für einen funktionierenden Jugendaustausch zwischen Deutschland und Israel.
Das zwischen Deutschland und Israel verabredete Jugendwerk soll jungen Menschen ermöglichen, das jeweils andere Land besser kennenzulernen. epd