Herr Graumann, wie fällt Ihre Bilanz der Ratsversammlung des Zentralrats vom vergangenen Sonntag in Frankfurt aus?
Ausgesprochen positiv. Die Delegierten waren offenbar mit dem recht zufrieden, was wir tun. Ich habe in meinem Bericht eine Bilanz des vergangenen Jahres gezogen und dabei darauf verwiesen, dass wir sehr viel Neues angepackt haben und dass wir noch sehr viel mehr vorhaben. Wir wollen noch viel erreichen, wollen weiterkommen auf unserem Weg in eine neue und blühende Zukunft. Unsere Gemeindemitglieder und deren Repräsentanten spüren, dass ein Ruck durch den Zentralrat geht, dass es tatsächlich ein frischer Wind und keine heiße Luft ist.
Welche Bedeutung hatte der Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel?
Ich habe doch sehr darum geworben, dass die Kanzlerin zu uns kommt. Es ist das erste Mal, dass ein deutscher Regierungschef unsere Ratstagung besucht hat. Das hat es in der Geschichte des Zentralrats noch nie gegeben. Und ich denke, es war auch noch nie so wichtig wie in dieser Zeit – weil wir einen schwierigen Sommer hatten, mit den antisemitischen Übergriffen, der Beschneidungsdebatte und der Verunsicherung, die diese unselige Diskussion bei vielen unserer Gemeindemitglieder hervorgerufen hat. Wir haben das Glück, dass wir eine Bundeskanzlerin haben, die auf besondere Weise die jüdische Gemeinschaft unterstützt. Das hat sie schon in vielen Fällen getan. Ihr Engagement ist ehrlich und kommt von Herzen. Ihr Besuch bei der Ratsversammlung war etwas Besonderes, ein Signal der Freundschaft und der Solidarität. Und es war ein Zeichen des Respekts – für uns alle.
Inwiefern?
Weil sich doch alles gleich in Politik übersetzt, spüren wir, dass mit diesem Besuch der Zentralrat weiter gestärkt wird, dass wir von der Öffentlichkeit noch ernster genommen werden. Der Zentralrat ist politisch stark. Wir müssen mit dieser Stärke aber auch verantwortungsvoll umgehen.
Wie geschieht das?
Indem wir schnell auf aktuelle Ereignisse reagieren, wie zum Beispiel in der Beschneidungsdebatte. Ganz sicher ist: Ohne unser Engagement wäre die Sache gewiss nicht so ausgegangen. Und dass wir auch sehr aufmerksam sind, wenn wir Veränderungen spüren. Ich denke zum Beispiel an die SPD, die auf dem Weg ist, sich in Bezug auf Israel neu zu positionieren. Sie scheint mir hier viel kritischer als bisher. Ich habe das festgemacht besonders an dem Papier der Generalsekretärin Andrea Nahles. Sie sieht plötzlich eine Wertegemeinschaft zwischen der SPD und der Fatah. Mir kommt gar nicht in den Sinn, welche Werte diese Partei denn mit der Fatah verbinden könnten. Die SPD sollte sich nicht so sehr unter Wert verkaufen. Sie ist eine Partei, die ich sehr achte und die für Solidarität, Freiheit und Gerechtigkeit steht. Die Fatah hingegen steht für Hass, Gewalt und übelste Korruption. Es war richtig, dass wir das kritisiert haben, auch wenn wir so ziemlich die Einzigen waren. Bei uns gibt es dabei aber kein Zögern und kein Zaudern.
Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.