Auschwitz

»Der schrecklichste Ort der Welt«

Heiko Maas (SPD) hat am Montag das ehemalige deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau besucht. Er ist der erste deutsche Außenminister seit 26 Jahren, der an diesen Ort kommt. Zuletzt war sein Amtsvorgänger Klaus Kinkel 1992 dort.

Maas wurde vom stellvertretenden Direktor der Gedenkstätte, Andrzej Kacorzyk, und dem polnischen Auschwitz-Überlebenden Marian Turski durch die Gedenkstätte geführt.

gedenkbuch Er besichtigte das Stammlager, legte an der sogenannten Todeswand einen Kranz nieder und hinterließ im Gedenkbuch am Krematorium die Worte: »Die Hölle auf Erden – sie war eine deutsche Schöpfung namens Auschwitz. Voll Trauer und Scham verneigen wir uns vor den Frauen, Männern und Kindern, die hier und an anderen Orten millionenfach von den Nationalsozialisten ermordet wurden.«

Aus dem Vermächtnis der Opfer erwachse Deutschlands Verantwortung, für die unantastbare Würde des Menschen einzustehen – überall und jeden Tag. »Diese Verantwortung endet nie«, so der Eintrag.

Nach dem Gang zur Rampe des Lagers Auschwitz-Birkenau stellte der Bundesaußenminister am Internationalen Mahnmal für die Opfer des Konzentrationslagers ein Grablicht auf.

Erinnerung Anschließend sagte er: »Das ist der schrecklichste Ort der Welt.« Die Eindrücke seien schwer in Worte zu fassen. An diesem Ort verliere man entweder den Glauben an die Menschlichkeit oder man gewinne die Hoffnung und die Kraft, dafür einzutreten, dass die Menschenwürde gewahrt werde. »Das ist ein Ort des Erinnerns, der uns Deutsche vor allen Dingen erinnert, was wir anderen millionenfach angetan haben.«

Maas wurde von Anwärtern für den diplomatischen und konsularischen Dienst begleitet, die in einer Internationalen Jugendbegegnungsstätte mit polnischen und deutschen Auszubildenden zusammenkamen.

Am Nachmittag stand das Treffen mit dem polnischen Außenminister Jacek Czaputowicz im nahen Franziskanerkloster Harmeze auf dem Programm. Czaputowicz sprach dabei vom Symbol der gemeinsamen deutsch-polnischen Geschichte und der großen Bedeutung, die Polen dem Gedenken beimesse. Maas erinnerte an das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte, und betonte, dass die Erinnerung immer eine besondere Rolle spielen und für die Zukunft eine Mahnung bleiben müsse.

beziehungen Bei dem Gespräch wurden aktuelle bilaterale und europapolitische Fragen erörtert. Im Anschluss hieß es, dass unter anderem die umstrittene polnische Justizreform, die Pläne für die Ostsee-Pipeline »Nord Stream 2« und die Entwicklung auf dem Westbalkan Themen gewesen seien. Im Herbst sind gemeinsame Regierungskonsultationen geplant. Beide Seiten betonten ihr Interesse an der Vertiefung der Beziehungen.

Auch das polnische »Holocaust-Gesetz« kam zur Sprache. Dies war im März in Kraft getreten und hatte für internationale Kritik gesorgt. Es sah Geld- und Haftstrafen für diejenigen vor, die Polen eine Mitverantwortung für die Verbrechen Nazi-Deutschlands zuschreiben.

zentralrat Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte vor dem Auschwitz-Besuch von Außenminister Maas gesagt, dass es keinen Zweifel gebe, dass der organisierte Massenmord an den europäischen Juden von Deutschland geplant und durchgeführt wurde. »Genauso wenig kann man aber in Zweifel ziehen, dass sich gar nicht so wenige Polen haben einspannen lassen für das Vorgehen der Nationalsozialisten«, so Schuster. Wenn die polnische Regierung nun versuchen wolle, diesen Teil der Geschichte vergessen zu machen, und die wissenschaftliche Aufarbeitung damit behindert, dann sei das ein Versuch, dem es klar zu begegnen gelte.

Außenminister Czaputowicz verwies am Montag darauf, dass das polnische Parlament die Bestimmungen geändert habe und geschichtliche Forschungen zukünftig vertieft werden sollten. Maas äußert die Hoffnung, dass diese Diskussion »zu einem sehr, sehr sensiblen Thema« dazu führe, das Bewusstsein aller Beteiligten nochmal zu schärfen.

gespräch Die Frage, warum er nicht vom polnischen Außenminister bei seinem Rundgang im Lager begleitet wurde, beantwortet Maas vor Journalisten mit dem Hinweis darauf, dass der Besuch sein persönlicher Wunsch gewesen sei. Er habe seinen Kollegen lediglich darum gebeten, dies auch für ein bilaterales Gespräch zu nutzen. Das habe dieser möglich gemacht. »Deshalb bin ich ihm außerordentlich dankbar, dass er auf meine etwas speziellen Wünsche in dieser Frage eingegangen ist.«

Maas äußert sich auch zur Diskussion um eine Besuchspflicht für Schüler in KZ-Gedenkstätten. Er sei sehr dafür, dass dieser besondere Ort von so vielen Menschen wie möglich besucht werde. »Aber verpflichten möchte ich dazu eigentlich niemanden.«

Lesen Sie mehr in der kommenden Ausgabe am Donnerstag.

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