»Wir können die nachher immer noch alle erschießen, das ist überhaupt kein Thema, oder vergasen, oder wie du willst, mir egal.« Nach Bekanntwerden der mutmaßlichen Äußerungen des früheren AfD-Pressesprechers Christian Lüth reagierte die AfD-Bundestagsfraktion am Dienstag in Berlin mit dessen fristloser Entlassung.
Dass rechtsextreme Mitglieder jener Partei kein Hehl daraus machen, in Deutschland wieder für »Recht und Ordnung« sorgen zu wollen, und bisweilen sogar die Schoa relativieren, ist jedoch kein Geheimnis – das gilt insbesondere für Thüringen.
mehrheit Mit einer Mehrheit von 23 von 40 Stimmen wurde hier am vergangenen Donnerstag Reinhard Etzrodt zum Vorsitzenden des Stadtrats von Gera gewählt – ein weiterer politischer Paukenschlag aus Thüringen. Denn Etzrodt war der Vorschlag der AfD. Besonders pikant dabei: Die AfD-Stadtratsfraktion zählt in Gera gerade einmal zwölf Mitglieder – also elf weniger, als dem neuen Vorsitzenden ihre Stimme gaben.
Der Fall Gera zeigt, wie weit Geschichtsverständnis und Realpolitik auseinandergehen können.
Woher die elf Stimmen kamen, aus den Reihen der SPD, Linken, Grünen, CDU oder anderen, bleibt geheim. Niemand will es gewesen sein. Das wundert mich wenig. Gera war die erste Stadt in Thüringen, in der es ein AfD-Bürgermeisterkandidat in eine Stichwahl geschafft hatte – und dann aber glücklicherweise unterlag.
extremisten So etwas wäre im Erfurter Stadtrat undenkbar. Extremisten werden hier nicht gewählt. Die Kandidaten der AfD fielen in Erfurt jedes Mal durch. Dafür sorgt immer wieder das breite Bündnis aus allen Parteien, denen Menschenwürde, Fairness und eine vielfältige Zukunft am Herzen liegen. Der Fall Gera zeigt, wie weit Geschichtsverständnis und Realpolitik auseinandergehen können.
Dass ausgerechnet in Thüringen eine solche Wahl möglich war, ist so bezeichnend wie bedenklich. Denn hier trachten führende Mitglieder der AfD nach einer erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad. Hier schlägt der rechte Flügel der AfD wie eh und je. Allen bundespolitischen Beteuerungen zum Trotz.
Der Autor ist stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender im Erfurter Stadtrat.