Meinung

Der Papst und die Lehre von Auschwitz

Im Januar 2015 habe ich, ein mittlerweile 94-jähriger jüdischer Überlebender der Schoa, Papst Franziskus im Vatikan kennengelernt. Aus Anlass des 70. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz wurde ich gemeinsam mit anderen Überlebenden aus Tschechien, Polen, Frankreich und Deutschland in einer Generalaudienz von Papst Franziskus begrüßt.

Vor ein paar Tagen war der Papst auf der griechischen Insel Lesbos und hat dort Flüchtlinge besucht. Diese Reise hat mich besonders berührt, denn jeder dieser Flüchtlinge ist ein Appell an meine eigene Erinnerung. Ich war im KZ Theresienstadt und wurde am 16. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert. Immer hatte ich, hatten wir dort gehofft, dass die Welt uns nicht vergessen hat, während die Gaskammern in Betrieb waren.

skulptur Als wir vor einem Jahr im Vatikan zur Generalaudienz waren, überreichten wir dem Papst auch die Auszeichnung des Internationalen Auschwitz Komitees. Es ist eine Skulptur, die nur ein »B« zeigt. Sie ist etwas Besonderes, denn sie erinnert daran, dass Häftlinge, die für die SS den höhnischen Spruch »Arbeit macht frei« am Eingangstor anbringen mussten, den Buchstaben »B« heimlich umdrehten – als Zeichen von Widerstand, den es auch noch im KZ gab, im Angesicht des Todes.

Die Skulptur, die das Internationale Auschwitz Komitee dem Papst überreichte, trägt die Aufschrift »To our brother Franziskus«. Seit der bewegenden Begegnung in Rom verfolge ich das Wirken von Franziskus aufmerksam und mit großer Sympathie, seine Reisen, seine Ansprachen, seine Gesten. Er geht zu den Menschen in Not. Er sucht ihre Nähe, er richtet die Blicke der Welt auf diese Menschen, und auf diese Weise bittet er die Welt, sie nicht im Stich zu lassen.

flüchtlinge Europa hat sich heute längst wieder an beschämende Bilder gewöhnt. Die Bilder zeigen Flüchtlinge, die an den Zäunen Europas verzweifeln. Mir ist so, als ob der Papst mit seinem Besuch auf Lesbos über diesen Menschen das Licht angeschaltet und Europa den Spiegel vorgehalten hat.

Was Papst Franziskus macht, ist eine Lehre aus Auschwitz. Im Juli, wenn er Auschwitz besucht, werden wir Überlebenden mit ihm gemeinsam auch für die Flüchtlinge und für ein Europa der Menschlichkeit beten.

Der Autor ist Physiker in Prag, Schoa-Überlebender und Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees.

Rom

Abschied von Papst Franziskus

Der Beerdigung des gebürtigen Argentiniers wohnten Hunderttausende Menschen bei, darunter Staatsgäste aus aller Welt. Aus Israel waren jedoch keine Spitzenpolitiker angereist

 26.04.2025

Oman

Atomverhandlungen zwischen USA und Iran sollen weitergehen

Der Iran und die USA haben die dritte Runde der Atomverhandlungen beendet und sich auf eine weitere verständigt. Auch diese soll in Muskat stattfinden

 26.04.2025

Schahid Radschaei

Mindestens vier Tote nach Explosion in iranischer Hafenstadt

Ursache des Unglücks soll eine Explosion in einem Treibstofflager im Hafen gewesen sein. Da es über 500 Schwerverletzte gibt, werden weitere Todesopfer befürchtet

 26.04.2025

Schahid Radschaei

Schwere Explosion im Iran: Regierung warnt vor Spekulationen

Über die Ursache der Explosion kursieren unterschiedliche Theorien, auch von einem Sabotageakt Israels ist die Rede. Der Iran warnt jedoch vor spekulativen Berichten über den Vorfall

 26.04.2025 Aktualisiert

Meinung

Ein Bumerang für Karim Khan

Die Frage der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshof für Israel muss erneut geprüft werden. Schon jetzt ist klar: Der Ruf des Gerichts und seines Chefanklägers wird leiden

von Wolf J. Reuter  25.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025

80 Jahre nach Kriegsende

»Manche Schüler sind kaum noch für uns erreichbar«

Zeitzeugen sterben, der Antisemitismus nimmt zu: Der Geschichtsunterricht steht vor einer Zerreißprobe. Der Vorsitzende des Verbands der Geschichtslehrerinnen und -lehrer erklärt, warum Aufgeben jedoch keine Option ist

von Hannah Schmitz  25.04.2025

Washington D.C.

Trump beschimpft Harvard als »antisemitische, linksextreme Institution«

Der US-Präsident geht vehement gegen Universitäten vor, die er als linksliberal und woke betrachtet. Harvard kritisiert er dabei besonders heftig

 25.04.2025

Berlin/Jerusalem

Herzog kommt in die Bundesrepublik, Steinmeier besucht Israel

Der Doppelbesuch markiert das 60-jährige Jubiläum der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen den beiden Ländern

 25.04.2025