Der Ausgang der iranischen Präsidentschaftswahl hält zwei Botschaften bereit. Beginnen wir mit der guten: Der lautstärkste Israelhasser und Holocaustleugner der Gegenwart trat unter dem Jubel der Bevölkerung und zahlloser »Ahmadi-bye-bye!«-Spottgesänge ab.
Hardliner Saeed Dschalili, der noch am ehesten an Ahmadinedschad erinnerte, erhielt 11,4 Prozent der Stimmen. Demgegenüber kam Hassan Rohani, der mehr Kompromissbereitschaft forderte und eine Annäherung an den Westen sowie innenpolitische Freiheiten versprach, auf 50,7 Prozent.
Die Bevölkerung bewies, dass sie nicht länger bereit ist, den Preis für eine abenteuerliche Außen- und Atompolitik zu zahlen. Sie machte nicht den Westen, sondern das eigene Regime für die Krise im Land verantwortlich. Die Sanktions- und Isolationspolitik gegen den Iran trug somit Früchte: Sie erleichterte den Sieg des Kandidaten, der mehr als jeder andere Veränderungen versprach.
manipulation Die schlechte Botschaft? Bei dieser Scheinwahl durfte weder eine Frau, ein Christ, ein Jude, ein Bahai, ein Sunnit noch ein systemkritischer Schiit kandidieren. Von den 686 Kandidaten, die sich gleichwohl bewarben, wurden 678 ausgeschlossen, darunter Expräsident Rafsandschani, der prominenteste Kandidat.
Bei so viel Manipulation kann es nicht verwundern, dass mit Hassan Rohani ein Präsident gekürt wurde, der seit 25 Jahren zu den engsten Freunden des Revolutionsführers Ali Khamenei zählt. Zu seinen ersten Gratulanten gehörten der syrische Diktator Assad, der Chef der Hisbollah, Hassan Nasrallah, sowie die Revolutionären Garden – man kennt sich eben und man schätzt sich.
So gehörte Rohani jenen Gremien an, die 1992 den Mordanschlag auf eine Gruppe von Kurden im Berliner Mykonos-Restaurant befahlen und die 1994 mit dem Terroranschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires den mit 85 Toten schlimmsten antisemitischen Anschlag der Nachkriegszeit initiierten.
Seine außenpolitischen Vorstellungen stimmen mit denen des Revolutionsführers überein: Israel soll verschwinden, die Assad-Diktatur aber bleiben, da Syrien ihm als das »einzige Land in der Region« gilt, »das der expansionistischen Politik Israels und dessen Praktiken widersteht«.
Ideologisch lehnt Rohani die These von der baldigen Ankunft eines schiitischen Messias zwar ab, ist aber vom Phantasma einer »zionistischen Weltverschwörung« überzeugt: Israel, behauptete er wenige Tage vor der Wahl, habe die Diskussion um das iranische Atomprogramm »angeheizt und angeleitet«, weil es die Weltöffentlichkeit »von seiner unmenschlichen Politik in Palästina« ablenken wollte.
Veränderungen durch den neuen Mann sind noch am ehesten bei der Art der iranischen Verhandlungsführung im Atomstreit zu erwarten. Als Rohani von 2003 bis 2005 die Atomgespräche leitete, war er zu vorübergehenden Konzessionen bereit, um eine Überweisung der Iran-Akte an den Sicherheitsrat zu vermeiden. Im Wahlkampf strich er heraus, dass gerade diese Taktik geholfen habe, das Atomprogramm voranzutreiben: »Dadurch, dass wir die Situation beruhigten, waren wir in der Lage, die Arbeiten in Isfahan abzuschließen«, wo eine Uran-Konversionsanlage steht.
Es ist damit zu rechnen, dass Rohani, einer der Väter des iranischen Atomprogramms, mit gleicher Vehemenz wie Ahmadinedschad für die vollständige Realisierung der iranischen nuklearen Option kämpfen wird, jedoch mit einem besseren Gespür für die Möglichkeiten, die Weltgemeinschaft auseinanderzudividieren. Er könnte zum Beispiel Konzessionen bei den IAEA-Kontrollen oder bei der 20-Prozent-Anreicherung anbieten – Konzessionen, die jederzeit und einseitig zurückgenommen werden können.
westen Dem entgegen steht die Forderung des UN-Sicherheitsrats, »alle mit der Anreicherung zusammenhängenden Tätigkeiten und alle Wiederaufarbeitungstätigkeiten« auszusetzen. Hierauf sollte auch Deutschland, das an den »5+1«-Gesprächen teilnimmt, ohne Abstriche bestehen. Einseitige Zugeständnisse jedoch, wie sie teilweise gefordert werden, sind kontraproduktiv: Wollte Rohani den Atomkurs tatsächlich auf ein neues Gleis bringen, würde ihm verstärkter Druck von außen helfen.
Will er dies aber nicht, muss der Westen seinen Druck erst recht verstärken. Andernfalls würde er die Botschaft, die die iranische Bevölkerung ihm zukommen ließ, verraten.