Interview

»Der Krieg war alternativlos«

Herr Primor, Israels Bodentruppen haben in Gaza zahlreiche Tunnel zerstört und sich dann zurückgezogen. Aber die Hamas ist immer noch in der Lage, Raketen auf Israel abzuschießen. Sieht so ein Sieg aus?
Von Sieg kann keine Rede sein, weil wir den Feind nicht wirklich zerstört haben. Die Bevölkerung im Gazastreifen lebt im Elend, sie ist frustriert, gedemütigt und rachsüchtig. Allein wegen der hohen Arbeitslosigkeit bekommt die Hamas Freiwillige, so viele sie nur will, und Arbeiter, um neue Tunnel zu bauen.

Sehen Sie einen Ausweg?

Es gibt nur den politischen Ausweg. Wir müssen mit den Palästinensern verhandeln.

Mit wem?
Mit der vereinten Technokratenregierung von Fatah und Hamas. Nicht nur, um das Problem des Gazastreifens zu lösen. Wir müssen diesmal ehrlich um eine Zweistaatenlösung verhandeln. Wenn man den Ausgangspunkt der Verhandlungen nicht akzeptiert, dann sind sie nicht ehrlich. Und sie werden erst dann ehrlich sein, wenn die Amerikaner sich tatsächlich einmischen und echten Druck auf beide Seiten ausüben, nicht Beschwichtigungsversuche, wie sie US-Außenminister John Kerry unternommen hat.

Wie realistisch ist die Idee, dass Mahmud Abbas wieder die Kontrolle in Gaza übernimmt?

Wäre das machbar, wäre es wunderbar. Aber im Moment ist niemand in der Lage, die Hamas aus Gaza zu vertreiben. Wären wir bereit gewesen, 5000 Soldaten zu opfern, hätten wir den Gazastreifen neu erobern können. Wir müssten dann Verantwortung für zwei Millionen Palästinenser übernehmen. Weder die israelische Bevölkerung noch die israelische Wirtschaft könnte das verdauen.

Muss Israel also indirekt auch Gespräche mit der Hamas führen?
Gespräche mit der Hamas hat es immer gegeben. Sogar 2005, als Ariel Scharon den Gazastreifen räumen wollte, hat Israel im Geheimen mit der Hamas gesprochen. Denn Israel hatte die Befürchtung, dass die Armee bei ihrem Rückzug angegriffen werden könnte. Also gab es eine Vereinbarung mit der Hamas. Während des Abzugs fiel kein einziger Schuss.

Ministerpräsident Netanjahu hat eine Entmilitarisierung des Gazastreifens vorgeschlagen. Wie müsste die aussehen?

Man muss die Belagerung lockern. Gaza braucht einen Seehafen unter internationaler Kontrolle, langfristig auch einen Flughafen.

Militärisch ist der Konflikt nicht zu lösen, die politische Lösung ist bisher gescheitert. Wie schlägt sich das auf die Stimmung nieder?
Die Stimmung ist sehr düster. Man hat im Moment in Israel wenig Verständnis für andere Meinungen. Mein ältester Enkel war bis Sonntag an der Front im Gazastreifen. Er empfindet die Stimmung bei der Truppe als sehr hasserfüllt. Aber der Krieg gegen die Hamas war alternativlos von dem Moment an, als sie anfing, uns mit Raketen zu beschießen.

Mit dem ehemaligen Botschafter Israels in Deutschland sprach Ayala Goldmann.

Reaktionen

»Mit Papst Franziskus ist ein Freund der jüdischen Gemeinschaft von uns gegangen«

Der Zentralrat der Juden würdigt Papst Franziskus, der am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben ist

 21.04.2025

Nachruf

Förderer des katholisch-jüdischen Dialogs, aber auch Kritiker Israels

Papst Franziskus ist am Montag im Alter von 88 Jahren gestorben. Sein langjähriger Gesprächspartner, Rabbiner Jehoschua Ahrens, nimmt Abschied

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  21.04.2025

Vatikan

Papst Franziskus ist tot

Das Oberhaupt der katholischen Kirche starb einen Tag nach dem Ostersegen

 21.04.2025

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025