Carlo Masala

»Der Iran hat ein Problem«

Carlo Masala Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Herr Masala, vergangene Woche hat der Iran ein zweites Mal Israel angegriffen. Was war anders als im April?
Dieses Mal waren es nur ballistische Raketen. Im April hatten wir eine Abfolge von Drohnen, die vom Iran nach Israel ungefähr drei Stunden brauchten. Dann kamen Marschflugkörper, die brauchen etwa eine bis eineinhalb Stunden, und schließlich ballistische Raketen, die eine Vorwarnzeit von zwölf Minuten haben.

Die Vorwarnzeit war damals also viel länger?
Genau. Diesmal waren es vom Zeitpunkt des Abschusses im Iran bis nach Israel zwölf bis fünfzehn Minuten. Dieser Angriff hatte eine andere Qualität. Der Angriff vom 13. April hatte zwar das Potenzial, in Israel Schaden anzurichten – es waren insgesamt 350 Flugkörper –, aber es war offensichtlich nicht die Intention, massiven Schaden zu verursachen. Doch bei einer Vorwarnzeit von zwölf bis fünfzehn Minuten ist die Intention natürlich, Schäden herbeizuführen.

Was heißt das für den Iran?
Der hat ein Problem. Letzten Endes war er wieder nicht in der Lage, irgendwelche Schäden anzurichten.

Aber was ist das Kalkül des Iran?
Es gab einen Streit zwischen den »Hard­linern«, die gesagt haben: »Ihr müsst angreifen«, und denen, die nicht wollten, und die Hardliner haben sich wohl durchgesetzt. Auch als Botschaft an die ganzen Verbündeten in der Region. Denn durch den strategisch genialen Angriff Israels auf die Hisbollah hat sich die strategische Balance wieder zugunsten Israels verschoben. So zynisch es klingt, der Iran musste zeigen, dass er handlungsfähig ist.

Was wäre der strategisch-logische nächste Schritt?
Dass Israel den zweiten Angriff nicht unbeantwortet lassen kann. Das muss man so sagen. Man kann sich nicht zwei Mal angreifen lassen. Israel muss reagieren.

Was sollte Israel Ihrer Meinung nach tun?
Militärisch gesehen wäre es unklug, die iranischen Nuklearanlagen anzugreifen. Denn die liegen extrem gehärtet tief unter der Erde. Wenn so ein Angriff misslingt, stünde Israel dumm da, und der Iran hätte innerhalb der nächsten acht Monate eine Nuklearwaffe. Man muss schon sicher sein, dass es wirklich klappt. Und das ist extrem schwierig.

Was also sonst?
Was ist mit verarbeitenden Ölanlagen oder mit dem Hauptquartier der Revolutionsgarden, dem Hauptquartier der Armee, Kommunikationsanlagen der iranischen Streitkräfte? All das sind meines Erachtens wahrscheinlichere Ziele. Aber ich schließe nicht aus, dass sich in Israel die durchsetzen, die Tabula rasa machen wollen. Doch wie gesagt, wenn es nicht klappt, dann haben wir den nuklearen Iran schneller, als uns lieb ist.

Das Gespräch mit dem Professor für Internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München führte Sophie Albers Ben Chamo

Erfurt

CDU, BSW und SPD legen in Thüringen Koalitionsvertrag vor

Wegen der Außenpolitik des BSW ist das Bündnis umstritten

 22.11.2024

Antisemitismus

Polizei sucht nach Tatverdächtigem vom Holocaust-Mahnmal

Der Mann soll einen volksverhetzenden Text in das dortige Gästebuch geschrieben haben

 22.11.2024

Debatte

Theologen werfen Papst einseitige Sicht auf Nahost-Konflikt vor

Ein Schreiben von Papst Franziskus zum Nahost-Krieg enthalte einen »blinden Fleck im Denken«

 22.11.2024

Hessen

Boris Rhein verurteilt Haftbefehl gegen Netanjahu

Der israelische Premier verteidige »sein Land gegen Terroristen«, so Rhein

 22.11.2024

CDU/CSU

Unionspolitiker: Verhaftung von Netanjahu auf deutschem Boden »unvorstellbar«

Die größte Oppositionsfraktion kritisiert die fehlende Haltung der Bundesregierung

 22.11.2024

Den Haag

Der Bankrott des Internationalen Strafgerichtshofs

Dem ICC und Chefankläger Karim Khan sind im politischen und juristischen Kampf gegen Israel jedes Mittel recht - selbst wenn es unrecht ist. Ein Kommentar

von Daniel Neumann  22.11.2024

Internationaler Strafgerichtshof

»Halten uns an Recht und Gesetz«: Jetzt äußert sich die Bundesregierung

Außenministerin Annalena Baerbock will aber noch genauer prüfen, was der Entscheid des IStGH bedeutet

 22.11.2024

Budapest

Orbán: »Werde Netanjahu nach Ungarn einladen«

Regierungschef Viktor Orbán will seinen israelischen Amtskollegen trotz des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofes weiter empfangen

 22.11.2024

Atomprogramm

Iran kündigt Ausbau der Urananreicherung an

Der Atomstreit mit dem Iran geht in eine neue Runde

 22.11.2024