Chronologie

Der Frankfurter Auschwitz-Prozess und seine Vorgeschichte

Die Angeklagten des ersten Auschwitzprozesses werden am zweiten Verhandlungstag zum Gerichtssaal gebracht. Foto: picture alliance / Roland Witschel

Am 20. Dezember 1963 begann vor den Augen der Weltöffentlichkeit der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess, er dauerte anderthalb Jahre. Seine rund fünfjährige Vorgeschichte belegt eindrucksvoll, dass ohne die Initiative von überlebenden Opfern und ohne den Mut und die Hartnäckigkeit einzelner streitbarer Juristen das Menschheitsverbrechen von Auschwitz nicht vor einem bundesdeutschen Gericht gelandet wäre.

Dezember 1958: Im württembergischen Ludwigsburg wird die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Verfolgung nationalsozialistischer Verbrechen gegründet.

15. Januar 1959: Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer (1903-1968) erhält von dem Korrespondenten der »Frankfurter Rundschau«, Thomas Gnielka, ein paar vergilbte Dokumente, auf denen die Namen von erschossenen Auschwitzhäftlingen sowie die Namen der SS-Schützen aufgeführt sind. Gnielka hatte die acht Blätter von dem in Frankfurt am Main wohnhaften Holocaust-Überlebenden Emil Wulkan (1900-1961) erhalten. Sie stammten nach dessen Angaben aus dem 1942 niedergebrannten Breslauer SS- und Polizeigericht.

20. Januar 1959: Die hessische Generalstaatsanwaltschaft sendet Kopien des Dokumentenfunds an die Ludwigsburger Zentralstelle und an den Generalbundesanwalt in Karlsruhe. Ziel ist es, in einem sogenannten Sammelverfahren die Täter vor Gericht zu bringen und den Gerichtsstand klären zu lassen.

17. April 1959: Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs beschließt, »die Untersuchung und Entscheidung« der Strafsache gegen frühere Angehörige des Konzentrationslagers Auschwitz dem Frankfurter Landgericht zu übertragen.

15. Juni 1959: Fritz Bauer beauftragt den Staatsanwalt Georg Friedrich Vogel und den Gerichtsassessor Joachim Kügler mit den Vorermittlungen im sogenannten Auschwitz-Komplex. Noch im selben Jahr werden die NS-Täter Heinrich Bischoff, Oswald Kaduk und Victor Capesius verhaftet.

12. Juli 1961: Die Strafverfolgungsbehörde beim Landgericht Frankfurt stellt den Antrag zur gerichtlichen Voruntersuchung. Er enthält einen allgemeinen, von Vogel abgefassten historischen Teil und führt 24 Beschuldigte auf, von denen zu Beginn der Hauptverhandlung sieben wegen Tod, Krankheit oder Verfahrenseinstellung ausgeschieden waren. Im Verlauf der gerichtlichen Voruntersuchung (bis Oktober 1962) kommen fünf weitere Beschuldigte hinzu.

20. Dezember 1963: Beginn der Hauptverhandlung im Frankfurter Rathaus Römer gegen 22 Angeklagte wegen Mordes. Der Hauptangeklagte Richard Baer, letzter Kommandant von Auschwitz, war Mitte Juni 1963 in der Untersuchungshaft gestorben.

19./20. August 1965: Nach 181 Verhandlungstagen, in denen 357 Zeugen (davon 211 Auschwitz-Überlebende) gehört wurden, verkündet der Vorsitzende Richter Hans Hofmeyer das Urteil. Sechs Angeklagte werden zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Zehn Angeklagte erhalten Freiheitsstrafen zwischen dreieinhalb und vierzehn Jahren. Ein Beschuldigter, zur Tatzeit noch unter 21 Jahren, wird mit zehn Jahren Jugendgefängnis bestraft. Drei Angeklagte werden freigesprochen. Nach Schätzungen haben rund 20.000 Besucher das Verfahren verfolgt. Allein in der überregionalen Tagespresse erscheinen 933 Artikel.

April 1966: Die schriftliche Urteilsbegründung wird veröffentlicht. 15 der 17 verurteilten Angeklagten, die Vertreter der Nebenkläger sowie die Staatsanwaltschaft legen gegen das ergangene Urteil Revision ein.

20. Februar 1969: Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hebt das Urteil gegen den früheren SS-Arzt Franz Lucas auf und verweist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Frankfurter Landgericht zurück. Hinsichtlich der übrigen eingelegten Revisionen hat das Urteil jedoch Bestand.

8. Oktober 1970: Das Schwurgericht unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Werner Baumann spricht den Angeklagten Lucas frei. epd

Bayern

Söder: Im KZ-Flossenbürg gab es weder Gott noch Menschlichkeit

Vor 80 Jahren wurde das Konzentrationslager Flossenbürg befreit. Bei einer Gedenkfeier mahnte der bayerische Ministerpräsident, dass alle im Kampf gegen Antisemitismus gefragt seien

 27.04.2025

Berlin

»Table Media«: Karin Prien soll Bundesministerin werden

Die CDU-Politikerin soll unter einem Bundeskanzler Friedrich Merz das Bildungsressort übernehmen. Damit wäre im neuen Kabinett auch eine Jüdin vertreten

 27.04.2025

PLO

Neuer starker Mann im Westjordanland?

Hussein al-Scheich bekleidet das neugeschaffene Amt des Stellvertreters von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas – und ist damit dessen potenzieller Nachfolger

 27.04.2025

Rom

Abschied von Papst Franziskus

Der Beerdigung des gebürtigen Argentiniers wohnten Hunderttausende Menschen bei, darunter Staatsgäste aus aller Welt. Aus Israel waren jedoch keine Spitzenpolitiker angereist

 26.04.2025

Oman

Atomverhandlungen zwischen USA und Iran sollen weitergehen

Der Iran und die USA haben die dritte Runde der Atomverhandlungen beendet und sich auf eine weitere verständigt. Auch diese soll in Muskat stattfinden

 26.04.2025

Schahid Radschaei

Mindestens vier Tote nach Explosion in iranischer Hafenstadt

Ursache des Unglücks soll eine Explosion in einem Treibstofflager im Hafen gewesen sein. Da es über 500 Schwerverletzte gibt, werden weitere Todesopfer befürchtet

 26.04.2025

Schahid Radschaei

Schwere Explosion im Iran: Regierung warnt vor Spekulationen

Über die Ursache der Explosion kursieren unterschiedliche Theorien, auch von einem Sabotageakt Israels ist die Rede. Der Iran warnt jedoch vor spekulativen Berichten über den Vorfall

 27.04.2025 Aktualisiert

Meinung

Ein Bumerang für Karim Khan

Die Frage der Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshof für Israel muss erneut geprüft werden. Schon jetzt ist klar: Der Ruf des Gerichts und seines Chefanklägers wird leiden

von Wolf J. Reuter  25.04.2025

Meinung

Die UN, der Holocaust und die Palästinenser

Bei den Vereinten Nationen wird die Erinnerung an den Holocaust mit der »Palästina-Frage« verbunden. Das ist obszön, findet unser Autor

von Jacques Abramowicz  25.04.2025