Sigmar Gabriel steht als Vorsitzender der SPD in einer Reihe mit August Bebel oder Willy Brandt. Außerdem steht Herr Gabriel an der Seite Israels. Beides stimmt, denn beides sagt er selbst. Überhaupt sagt Herr Gabriel viel. Vor allem, seit er auf seinem Facebook-Account geschrieben hatte, was in Hebron herrsche, »das ist ein Apartheid-Regime«.
Sigmar Gabriel ist also dabei ertappt worden, die Arbeitsdefinition der EU von Antisemitismus erfüllt zu haben. Das gefällt ihm nicht, also zieht er alle Register, die Leute in ähnlicher Situation immer ziehen: Einer seiner besten Freunde lebe im Kibbuz; er sei Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft; er bereise die Region schon seit 20 Jahren; er habe schon das Gespräch mit Dieter Graumann, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden, und mit dem israelischen Botschafter in Berlin gesucht, um – natürlich – »Missverständnisse auszuräumen«; er hätte seine Worte nie und nimmer gewählt, »wenn ich nicht ein Freund Israels wäre«.
Kritik Und überhaupt tue man Israel keinen Gefallen, »wenn wir unsere Kritik immer nur in diplomatischen Floskeln verstecken«. Als diese Zeitung ihn um ein Interview bat, ließ er ausrichten, dass er sich doch schon »für denkbare Missverständnisse entschuldigt« habe – nun wolle er »nichts mehr sagen«.
Der Eiertanz, den der SPD-Chef aufführt, ist offensichtlich: Er sagt Apartheid, um nachher zu behaupten, er habe nicht Apartheid gesagt. Er redet vom Apartheid-Regime, das es in Südafrika gab und für nichts anderes steht als für die staatliche Herrschaft von Rassisten, die Schwarzen ihre Bürgerrechte streitig machen – und sagt nachher, an Südafrika habe er gar nicht gedacht. Was also auffällt, ist, dass Gabriel nicht um Entschuldigung bittet, nicht seine Formulierung als falsch und dumm zurückzieht.
Historisch falsch ist das Wort Apartheid, wenn es auf Israel gemünzt wird. Aber einem wie Gabriel erscheint der schlimme Vergleich offensichtlich nicht als politisch dumm, eher schon als clever. Gabriel und seine Berater setzen darauf, der üblen Beschimpfung des jüdischen Staates als eines rassistischen Staates deswegen zur Legitimität zu verhelfen, weil er sich als solidarischer Kritiker präsentiert. Er ist halt ein Freund Israels. Das muss stimmen, er sagt es ja selbst.