Meinung

Der alte Luther und das moderne Israel

Die Kirchenparlamentarier der mitteldeutschen evangelischen Kirche stellten 2016 in einer Verlautbarung zum Erbe und Auftrag aus der Judenfeindschaft ihres »Kirchenvaters« Martin Luther fest: »Wir distanzieren uns von Luthers unhaltbaren Äußerungen und seiner Feindseligkeit gegenüber den Juden.« Für heute aber hoffen die Synodalen »trotz der Schuld unserer Kirche auf vertrauensvolle Begegnungen mit den unter uns lebenden Jüdinnen und Juden«.

verbundenheit Nur ein halbes Jahr später ermöglicht der Erfurter »Kirchentag auf dem Weg« genau dies: Die Jüdische Landesgemeinde Thüringen lädt die Kirchentagsbesucher über zwei Tage hinweg in ihr Gemeindezentrum ein und gibt Christen die Gelegenheit, jüdisches Leben kennenzulernen und über eine protestantische Existenz nachzudenken, von der die Verbundenheit mit Synagoge und jüdischem Volk künftig nicht mehr zu trennen ist. Ein Geschenk – und ein geschichtliches Novum in einer Stadt, die zweimal nahezu ihre gesamte jüdische Einwohnerschaft umbrachte oder in den Tod schickte.

Alles in Butter mit Martin Luther und seinen Glaubenskindern also? Ja, wenn das Gedenkjahr von Luthers Thesenanschlag genutzt wird, Umkehr aus einem Antijudaismus einzuüben, der ein Geburtsfehler der Reformation ist. Aber nein, wenn man sieht, dass evangelische Christen zunehmend ihre Kritik an israelischer Politik schlicht auf »Israel« ausweiten.

israel Bei der eigenen Sorge um »einen gerechten Frieden für sowohl Palästinenser als auch Israelis« (Ökumenischer Rat der Kirchen) gerät zudem die Abgrenzung von einem muslimischen Antisemitismus, der bei uns heimisch und frech wird, aus dem Blick. Allgemeine Israelkritik gilt hierzulande nicht als Antisemitismus.

Doch wer gerade erst die eigene »erbliche Disposition Judenfeindschaft« entdeckt hat, darf diese weder bei sich noch im Islam einfach wegdefinieren, wenn sie sich das modische Kleid der Israelfeindschaft anzieht.

Der Autor ist evangelischer Pfarrer in Erfurt-Marbach und seit Jahren im christlich-jüdischen Dialog engagiert.

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Demoskopie

Abstimmung gegen Antisemitismus?

So wahlentscheidend sind jüdische Themen

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Berlin

KZ-Gedenkstätten: Wählen gehen für die Demokratie

Rutscht die Gesellschaft weiter nach Rechts? Die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten sieht die Bundestagswahl als Chance, diesen Trend zu stoppen

 20.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

WHO

Polio-Impfkampagne im Gazastreifen geht weiter

Weil das Poliovirus wieder in Abwasserproben nachgewiesen wurde, sollen in Gaza erneut etliche Mädchen und Jungen gegen Kinderlähmung geimpft werden. Start der Kampagne ist bereits in wenigen Tagen.

 19.02.2025