Christian Schmidt ist zwar nur geschäftsführender Bundesverkehrsminister, dennoch hat sich der CSU-Politiker offiziell an die kuwaitische Ministerin für Arbeit, Wirtschaft und Soziales, Hind Al-Sabeeh, gewandt. In seinem Schreiben drückt er sein »Befremden« darüber aus, dass israelischen Staatsbürgern von der Fluglinie Kuwait Airways allein aufgrund ihrer Nationalität die Beförderung verweigert wird.
»Wir werden alle geeigneten Schritte prüfen, um solche Fälle in Zukunft zu vermeiden«, sagte Schmidt der Jüdischen Allgemeinen. Es sei »grundsätzlich inakzeptabel, Bürger wegen ihrer Nationalität von der Nutzung von Verkehrsmitteln auszuschließen«. Als Nächstes wolle er die Einleitung von Konsultationen ins Auge fassen.
Schmidt nimmt Bezug auf den Fall des israelischen Studenten Adar M. Der hatte über das Portal Expedia einen Flug mit Kuwait Airways von Frankfurt am Main nach Bangkok mit Zwischenstopp in Kuwait-Stadt gebucht, um in Thailand vier Wochen Urlaub zu verbringen.
Doch die Fluggesellschaft kündigte ihm: »Ihre Buchung wurde storniert. Bitte melden Sie sich bei Ihrem Reisebüro, welches an erster Stelle gar kein Ticket ausstellen sollte.« Kuwait ist einer von 16 Staaten, die Israelis die Einreise pauschal nicht gestatten. Seit 1964 gibt es in Kuwait das »Einheitsgesetz zum Israel-Boykott«, das »jegliche Zusammenarbeit« mit Israelis untersagt.
urteil Auf dieses Gesetz hatte sich die staatliche Fluggesellschaft Kuwait Airways vor dem Landgericht Frankfurt berufen. Der Student hatte nämlich mit Hilfe seines Berliner Anwalts Nathan Gelbart gegen die Stornierung seines Tickets geklagt – erfolglos. Das Landgericht argumentierte, es sei der Airline nicht zuzumuten, »einen Vertrag zu erfüllen, wenn sie damit einen Gesetzesverstoß nach den Regeln des eigenen Staates begehe«. Der Israeli will nicht hinnehmen, dass das diskriminierende kuwaitische Recht in Deutschland akzeptiert wird. Er geht nun in Berufung.
Politische Unterstützung erhält er von Verkehrsminister Schmidt. In einem persönlichen Treffen mit Adar M. und seinem Anwalt Nathan Gelbart hatte Schmidt versprochen, »dass er die Situation mit der Airline ändern wird«, wie M. dieser Zeitung berichtet.
Bereits im November 2017 hatte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Christian Lange (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einem Brief aufgefordert, gegen die Airline ein Landeverbot in Deutschland auszusprechen, wenn diese ihre Praxis nicht ändert.
echo Das mediale und politische Echo auf das Urteil des Frankfurter Landgerichts war enorm. Israels Botschaft in Deutschland zeigte sich »überzeugt, dass die Bundesregierung alles in ihrer Macht Stehende tun wird, um etwas an der Situation zu ändern und sicherzugehen, dass ausländische Fluggesellschaften die Werte Deutschlands anerkennen«.
Der Zentralrat der Juden hatte das Urteil mit Unverständnis zur Kenntnis genommen. In einem Statement hieß es: »Es ist unerträglich, dass ein ausländisches Unternehmen, das auf Grundlage von zutiefst antisemitischen nationalen Gesetzen agiert, in Deutschland tätig sein darf.« Der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, forderte die Bundesregierung auf, »alle rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, um solche Fälle von Diskriminierung künftig auszuschließen«. Schuster hatte auch das Gespräch mit Verkehrsminister Schmidt gesucht.
Ob Kuwait durch Konsultationen zu einer Änderung seiner Praxis bewegt werden kann, bleibt fraglich. Ein Gericht in der Schweiz hatte in einem ähnlichen Verfahren gegen Kuwait Airways entschieden. Daraufhin strich die Airline bestimmte Strecken aus dem Flugplan. In den USA war es politischer Druck, der Kuwait Airways dazu brachte, lieber die lukrative Strecke New York–London–New York zu streichen, als Israelis transportieren zu müssen.
politik Auch in Deutschland nimmt der politische Druck zu. Dem Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler (Grüne) sind »wirkungslose PR-Briefe« nicht genug. Er forderte in der »Bild am Sonntag«, der Airline ihre Start- und Landerechte in Deutschland zu entziehen, sollte sie ihre »antisemitische Praxis« nicht ändern.
Die Generalsekretärin der FDP, Nicola Beer, äußerte sich auf Twitter ähnlich: »Kuwait Airways soll entweder Diskriminierung israelischer Staatsbürger beenden, oder der Airline sollen mit sofortiger Wirkung alle Landerechte in Deutschland entzogen werden.«
Auch Stefan Liebich von der Linkspartei erwartet mehr von der Bundesregierung, »als lediglich einen Brief zu schreiben«. Er sagt: »Wenn Airlines nicht garantieren können, Fluggäste aus allen Staaten der Erde gleich zu behandeln, dürfen sie in unserem Land keine Start- und Landerechte erhalten.«
Zentralratspräsident Schuster sagte im ZDF, wenn der Fluggesellschaft die Landerechte nicht entzogen würden, sehe er darin »eine indirekte Unterstützung einer solchen Diskriminierung durch die Bundesregierung«.
Für Adar M. hingegen wäre der Entzug der Start- und Landerechte »vom jetzigen Stand aus eine voreilige Forderung«. Er sagt: »Ich bestehe immer noch darauf, befördert zu werden.« Komme es im Berufungsverfahren nicht zu einer Lösung, hält allerdings auch Adar M. einen Entzug für »gerechtfertigt, da die Diskriminierung weiterhin bestehen würde«.