Der Rechtsextremismus im Internet bedroht nach Ansicht der Sozialwissenschaftler und Buchautoren Maik Fielitz und Holger Marcks zunehmend demokratische Gesellschaften. »Die Zersetzung des sozialen Friedens kann nur durch eine kluge politische Regulierung gestoppt werden«, sagte Marcks der Berliner »tageszeitung« vom Samstag.
Nötig sei eine demokratische Kontrolle über »zentrale Kommunikationskanäle«, um einen »verständigungsorientierten Diskurs zu fördern«, ergänzte Fielitz.
Digitalgesetz Mit Blick auf das derzeit von der EU-Kommission erarbeitete Digitalgesetz sagte Marcks, es sei noch unklar, wie weit die Forderung nach mehr inhaltlicher Verantwortung der Plattform-Betreiber auch umgesetzt wird. Beide sind Autoren des Buchs Digitaler Faschismus.
In den sozialen Medien fehle es an demokratischer Kontrolle, betonte Fielitz. Während in anderen Medien aus der Erfahrung zweier Weltkriege presserechtliche Standards entwickelt wurden, hätten die sozialen Medien diese Prinzipien zur sachlichen Verständigung ausgehebelt: »Soziale Medien funktionieren so, als würde die ›taz‹ jeden eingesandten Text unredigiert abdrucken.«
Verbreitung Weiter sagte der Mitarbeiter des Institutes für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena, der Rechtsextremismus habe sich über seinen Medienaktivismus neu erfunden: »Seine Mythen von der nationalen Bedrohung, der ein nationales Erwachen folgen soll, verbreiten sich nun vor allem digital und sind nicht mehr so sehr an eine Organisation gebunden.«
Marcks betonte, dabei profitiere die extreme Rechte von Rating- und Rankingstrukturen: »Drama und Provokation, die Klicks versprechenden Inhalte, werden in sozialen Medien algorithmisch gefördert.« epd