Meinung

Demokratie ohne Verbote

Boykott ist ein böses Wort. Israelis hören es gar nicht gern. Spätestens seit der Schwarzen Liste der Arabischen Liga reagiert Jerusalem ausgesprochen empfindlich auf alles, was auch nur annähernd nach wirtschaftlicher Sanktion aussieht. Damals hatten die arabischen Staaten zu einem Boykott nicht nur gegen Israel aufgerufen, sondern zudem gegen all jene, die mit Israel Handel betrieben. Es war ein perfides Konstrukt.

Auch heute ist Boykott oft ein Thema für den jüdischen Staat: Produkte aus Siedlungen in den Palästinensergebieten werden in vielen europäischen Geschäften nicht verkauft, oft geht es allgemein gegen Produkte »Made in Israel«. Nicht selten werden israelische Intellektuelle bei Kongressen ausgeladen oder gar nicht erst eingeladen. Internationale Künstler boykottieren das Land mit fadenscheinigen Begründungen.

stillstand Sinnvoll ist das nicht. Vor allem, wenn es um Kunst, Kultur oder sogar die Wissenschaft geht. Dass die Auseinandersetzung mit der israelischen Regierung teils schwierig sein kann, ist nichts Neues. Besonders, wenn man wiederholt gegen eine Wand redet. Doch ein Boykott bedeutet Stillstand und Schweigen. Dialog zu boykottieren, ist immer falsch.

Umso verständlicher ist es, dass Jerusalem mit einem Anti-Boykott-Gesetz auf die diversen Sanktionen reagierte. Entsprechend der im Sommer 2012 erlassenen Regelung müssten Individuen und Organisationen Zigtausende von Schekel Strafe zahlen, würden sie zu einem Boykott gegen Israel oder israelische Produkte aufrufen. Zudem dürfen sie an keinen Regierungsausschreibungen teilnehmen und könnten sogar zu Kompensationszahlungen an die betroffenen Firmen verdonnert werden.

Doch der Oberste Gerichtshof entschied schnell, dass das Gesetz undemokratisch sei, da es das Recht auf freie Meinungsäußerung verletze. Bis zum März soll die Regierung erklären, warum sie es bislang nicht außer Kraft gesetzt hat. Hoffentlich sind die Politiker so schlau, den Erlass gleich in den Papierkorb zu werfen, statt an ihm herumzudoktern. Zwei Falsche machen kein Richtiges. Ein Boykott kann gerechtfertigt sein oder auch nicht. Das liegt im Auge des Betrachters. Eins aber kann und darf er nie sein: über jeden Zweifel erhaben. Gerade deshalb muss das Anti-Boykott-Gesetz endgültig weg. Denn im Zweifel für die Demokratie!

Die Autorin ist Israel-Korrespondentin der Jüdischen Allgemeinen.

Athen

Griechische Regierung kritisiert Haftbefehle gegen Israelis

»Das löst kein Problem«, sagte ein Regierungssprecher in Athen

 27.11.2024

Jugend

Berater: »Starke Verjüngung« der Islamisten-Szene

Junge Menschen sind hierzulande offenbar zur Zeit besonders anfällig für islamistisches Gedankengut

von Nina Schmedding  27.11.2024

Frankfurt

Bildungsstätte Anne Frank steigt aus X aus

Zahlreiche Berichte und Analysen belegten Hass und Hetze auf dieser Plattform

 27.11.2024

Potsdam

SPD und BSW: Was wird neu in Brandenburg?

Knapp 70 Seiten dick ist der Koalitionsvertrag von Rot-Lila in Brandenburg. Das sind die wichtigsten Vorhaben

 27.11.2024

Awi Blumenfeld

Staatstragende Zersetzung

Demokratisches Verständnis vortäuschen, um die Demokratie als Sprungbrett zu nutzen: das Beispiel Walter Rosenkranz

von Awi Blumenfeld  27.11.2024

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

Wittenberger »Judensau«: Beschwerde in Straßburg eingereicht

Michael Dietrich Düllmann will eine Entfernung der Schmähplastik erreichen

 27.11.2024

Den Haag

Deutschlands Reaktion auf die IStGH-Haftbefehle: Es geht auch anders

Philipp Peyman Engel hofft nach dem Scheitern der Ampel-Koalition auch beim Thema Israel auf einen Neuanfang in Berlin

von Philipp Peyman Engel  27.11.2024

Paris

Französische Regierung: »Netanjahu genießt Immunität«

Das Außenministerium in Paris hat überraschend klargestellt, man werde den Haftbefehl gegen den israelischen Regierungschef nicht umsetzen

 27.11.2024

Libanon

Scholz zur Waffenruhe: Vereinbartes muss eingehalten werden

Der Kanzler zeigt sich erleichtert angesichts der neuen Entwicklungen im Nahen Osten

 27.11.2024