Herr Friedrich, Sie haben am 14. März in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für einen FDP-Antrag gestimmt, der forderte, das deutsche Verhalten bei antiisraelischen UN-Voten zu ändern. Warum?
Die Behandlung Israels auf Ebene der Vereinten Nationen wühlt mich seit Langem auf. Vielleicht fehlt mir aber auch einfach die diplomatische Gelassenheit, wenn gegen den demokratischen Staat Israel im gleichen Zeitraum mehr Resolutionen verabschiedet werden als gegen Syrien, Nordkorea, Sudan und Libyen zusammen und die Initiatoren der Resolutionen Länder sind, die das Wort Demokratie nur aus der Literatur kennen. Für mich wird dadurch die Glaubwürdigkeit unserer Außenpolitik infrage gestellt.
Sehen die anderen Mitglieder Ihrer Fraktionen darin kein Problem?
Viele Kollegen im Deutschen Bundestag sehen dieses Problem genau wie ich. Allerdings wollen sie sich weder Form noch Zeitpunkt der Kritik von der FDP vorschreiben lassen. Teilweise folgen sie aber auch der Auffassung der Bundesregierung, man könne Israel am besten dadurch helfen, dass man Zustimmung in Aussicht stellt und damit die Möglichkeit hat, die Resolutionen bis zum Abschluss zugunsten Israels zu entschärfen.
Ist das Ausdruck einer sich verändernden Positionierung der Union gegenüber Israel? Wie steht es um die besondere Verantwortung für Israel?
Nein, die Union steht uneingeschränkt zu Israel. Wir sind uns einig, dass unsere Freundschaft zu Israel Teil unserer Staatsräson ist.
Es heißt, Sie hätten sich mit Rücksicht auf den Koalitionsfrieden bisher mit offener Kritik zurückgehalten. Nun ist Ihre Position deutlich. Wie sind die Reaktionen?
Es gibt unter den Kollegen keine Reaktionen, weil wir uns in der Zielsetzung einig sind. Ich aber glaube, dass es einen Punkt gibt, an dem Deutschland das Vorgehen gegen Israel auf Ebene der Vereinten Nationen nicht mehr mitmachen kann. Für mich ist dieser Punkt längst überschritten.
Die SPD erklärte, sie halte den Antrag für überzogen. Verstehen Sie die Argumente?
Die Haltung der SPD ist verständlich, wenn man den Antrag als Kritik am Außenminister versteht. Ich verstehe ihn als Petitum, die derzeitige Haltung zu überdenken.
Gibt es eine europäische Haltung? Als am Freitag der UN-Menschenrechtsrat Israel angeblicher Kriegsverbrechen an der Grenze zum Gazastreifen beschuldigte, stimmte Spanien für einen entsprechenden Bericht, Dänemark enthielt sich, Österreich votierte dagegen.
Es gehört sicher zu den größten Herausforderungen der Zukunft, eine gemeinsame Außenpolitik der EU zu formulieren. Die Beurteilung des Nahost-Konflikts und die Haltung gegenüber Israel werden dabei ein wichtiger Prüfstein sein. In keinem Fall darf Deutschland in dieser Frage Grundprinzipien aufgeben.
Mit dem Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages sprach Detlef David Kauschke.