UNRWA

»Das größte Problem sind die Pädagogen selbst«

Kritisiert die UNRWA: Hillel Neuer Foto: picture alliance / dpa

Herr Neuer, Sie haben einen Bericht über antisemitische Social-Media-Postings von Mitarbeitern des palästinensischen UN-Flüchtlingswerks UNRWA vorgelegt. Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
Wir haben öffentlich zugängliche Posts von UNRWA-Mitarbeitern analysiert und sind da auf schlimme Inhalte gestoßen. So teilte beispielsweise eine Lehrerin auf ihrer Facebook-Seite ein Video mit Hitler-Zitaten und nannte diese »inspirierend und motivierend«. Ein Lehrer im Westjordanland verbreitete auf seinem Profil die Verschwörungstheorie, nach welcher Juden die Welt beherrschten, die Coronavirus-Pandemie ausgelöst hätten und den Islam zerstören wollten. Insgesamt fanden wir mehr als 100 Beispiele, die einen klaren Verstoß gegen die UNRWA-Vorschriften hinsichtlich der Aufstachelung zu Hass und Terror darstellen.

Nun sind solche Ansichten in den palästinensischen Gebieten und in vielen arabischen Ländern ja weit verbreitet.
Schon möglich, aber das ist kein Grund, untätig zu sein. Unsere Regierungen, die den Löwenanteil des UNRWA-Budgets tragen, versprechen uns immer null Toleranz bei Antisemitismus. Gleichzeitig lassen sie es indirekt zu, dass palästinensische Kinder von Lehrern unterrichtet werden, die öffentlich zu Hass und Gewalt aufrufen, und es wird wenig bis nichts dagegen unternommen. Wir reden viel über Juden- und Israelhass in palästinensischen Schulbüchern. Doch das größte Problem sind die Pädagogen selbst.

Die UNRWA hat als Reaktion auf Ihren Bericht erklärt, dass die von Ihnen angesprochenen Fälle untersucht würden und man eine Politik der »Nulltoleranz gegenüber Hass« verfolgt.
Wenn das nur so wäre! Die UNRWA-Erklärung ist ausweichend und voller juristischer Spitzfindigkeiten. Da wird zum Beispiel behauptet, dass viele Posts zu einem Zeitpunkt verfasst worden seien, als die Betreffenden noch nicht im Dienst der UNRWA standen. In den übrigen Fällen habe die Organisation die Verfasser der Posts gerügt oder mit einer Geldstrafe belegt. Ich frage Sie: Kann man das als »Nulltoleranzpolitik« bezeichnen? Für mich bedeutet Nulltoleranz, dass Lehrer, die die Nazis oder irgendwelche Terroristen verherrlichen, aus dem Schuldienst entlassen werden. Dafür gibt es weltweit auch Beispiele, wir dokumentieren sie in unserem Bericht. Bei der UNRWA hat nicht eine einzige Person ihren Job verloren.

Was sollte getan werden? Einige fordern, die Finanzierung des Hilfswerks einzustellen.
Die UNRWA muss sich ernsthaft mit dem Problem befassen, und Geberstaaten wie Deutschland oder die Vereinigten Staaten, die jedes Jahr hohe Millionenbeträge an die UNRWA überweisen, müssen Druck machen, dass sich dort etwas ändert. Ganz sicher sind sie nicht verpflichtet, eine Milliarde Dollar für ein Bildungssystem auszugeben, das Hass fördert. Und es gibt Lösungen: Lehrer, die Arabisch sprechen, können auch von außen rekrutiert werden. Klar ist doch: Palästinensische Schüler haben genauso ein Anrecht auf gute Bildung wie jedes andere Kind auf der Welt.

Das Gespräch mit dem Geschäftsführer der Genfer NGO UN Watch führte Michael Thaidigsmann.

Meinung

Nur scheinbar ausgewogen

Die Berichte der Öffentlich-Rechtlichen über den Nahostkonflikt wie die von Sophie von der Tann sind oft einseitig und befördern ein falsches Bild von Israel

von Sarah Maria Sander  20.04.2025

Meinung

Wenn deutsche Ex-Diplomaten alle antiisraelischen Register ziehen

Deutschland darf nicht länger schweigen? Eine Erwiderung von Daniel Neumann auf den vielsagenden »FAZ«-Gastbeitrag ehemaliger Botschafter

von Daniel Neumann  18.04.2025

Einspruch

Niemals vergessen!

Eva Umlauf will nicht hinnehmen, dass immer mehr Deutsche einen Schlussstrich unter die NS-Zeit ziehen möchten

von Eva Umlauf  18.04.2025

Essay

Der verklärte Blick der Deutschen auf Israel

Hierzulande blenden viele Israels Vielfalt und seine Probleme gezielt aus. Das zeigt nicht zuletzt die Kontroverse um die Rede Omri Boehms in Buchenwald

von Zeev Avrahami  18.04.2025

Kommentar

Bis zuletzt wollte Mustafa A. aus Lahav Shapira einen Täter machen

Dem Täter tue es leid, dass sein Angriff »instrumentalisiert wird, um jüdischen Bürgern Angst einzuflößen«. Ein unverfrorener Satz

von Nils Kottmann  17.04.2025

Berlin

Drei Jahre Haft für Mustafa A.

Der Prozess gegen den Angreifer von Lahav Shapira ist am Donnerstag zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Tiergarten ging von einem antisemitischen Motiv aus und sprach den Täter der gefährlichen Körperverletzung schuldig

 17.04.2025

Berlin

100 Strafverfahren nach Besetzung der Humboldt-Universität

Die Polizei ermittelt unter anderem wegen Hausfriedensbruch und Volksverhetzung. Während der Besetzung sollen Aktivisten mutmaßlich Urin aus einem Fenster geschüttet haben

 17.04.2025

Analyse

Kleinster gemeinsamer Nenner

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht kaum Konkretes über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus

von Michael Thaidigsmann  17.04.2025

Sebnitz

»Keine Hakennasen«: Jobanzeige eines Dachdeckers sorgt für Empörung

Die Stadtverwaltung der sächsischen Kreisstadt hat gegen den Urheber einer Anzeige im Amtsblatt Strafantrag gestellt

 17.04.2025 Aktualisiert