Meinung

Das »gewöhnliche« Ghetto

Martin Krauß Foto: Stephan Pramme

Die Personengruppe, die aus ihrer in nationalsozialistischen Ghettos geleisteten Arbeit Rentenansprüche an Deutschland hat, umfasst mittlerweile nur noch einige Dutzend Menschen. Es stellt sich die Frage, warum die reiche Bundesrepublik nicht allen Verpflichtungen nachkommt. Ökonomische Gründe dürften es nicht sein. Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass es schlicht Desinteresse ist, auf das die Vertreter der sogenannten Opferverbände stoßen.

Der Reihe nach: Erst durch lange und zähe Verhandlungen war es 2014 zu einer Regelung gekommen, wie die mehrheitlich jüdischen früheren Ghettoarbeiter ihre Rente, die meist nur im zwei- oder niedrigen dreistelligen Eurobereich liegt, erhalten. Da für diese Arbeit unter unwürdigen Bedingungen tatsächlich Sozialabgaben bezahlt, zumindest vermerkt, wurden, haben sie völlig berechtigte Ansprüche. Auch wenn der Lohn oft nur aus einem Stück Brot oder einem Teller Suppe bestand: Sie arbeiteten, es wurden Werte geschaffen, die wurden verkauft, Unternehmer verdienten daran. Folglich waren – und sind! – Bemühungen, die Ansprüche abzuwehren, schlicht unanständig.

murren Als der Durchbruch 2014 erzielt worden war – interessanterweise spielte hier Druck der israelischen Regierung eine wichtige Rolle –, war das Aufatmen der Rentenpolitiker förmlich zu hören: Endlich sind wir diese lästigen Antragsteller los. Doch welch Murren, als sich kurze Zeit später herausstellte, dass man eine Personengruppe vergessen hatte: die noch in Polen lebenden jüdischen Ghettoarbeiter. Unwillig wurde nachgebessert, ein Abkommen geschlossen.

Doch nun stellt sich heraus, dass es eine weitere Rentenlücke gibt, die solche Menschen – vor allem Juden und Roma – betrifft, die schon als Kinder im Ghetto arbeiten mussten. Auch die hatten Lohn erhalten, auch für sie wurden Sozialabgaben abgeführt, auch ihnen steht Rente zu. Aber, so formuliert es die Bundesregierung, das könne es nicht geben, »unter gewöhnlichen Bedingungen« sei bei unter 14-Jährigen nämlich nicht davon auszugehen, dass für ihre Lohnarbeit Rentenbeiträge gezahlt wurden.

»Gewöhnliche Bedingungen« in einem nationalsozialistischen Ghetto? Klarer als durch die Andeutung, der Nationalsozialismus sei im Wesentlichen irgendetwas Ungewöhnliches gewesen, lässt sich das Desinteresse am Leid dieser Menschen nicht formulieren.

Saba Farzan

Keine Geschäfte mit den Mullahs

Es ist nicht die alleinige Verantwortung der deutschen Unternehmen, aus dem Iran-Handel auszusteigen, sondern auch eine Pflicht der Politik, andere Märkte zu öffnen

von Saba Farzan  07.09.2024

Bayern

Anschlag von München: Ermittler geben bislang unbekannte Details bekannt

Nach dem mutmaßlichen Terroranschlag von München werden weitere Details bekannt - so war wohl nicht nur das israelische Konsulat sein Ziel

 06.09.2024

Baden-Württemberg

Angriff auf Touristin wegen Israel-T-Shirt: Mann in Haft 

In Heidelberg wird eine Touristin angegriffen. Auslöser soll ihr T-Shirt sein, schätzt die Polizei. Darauf fordert sie die Freilassung der israelischen Geiseln. Nun gibt es einen Verdächtigen

 06.09.2024

Islamismus

Schütze von München war laut Vater psychisch auffällig 

Wer war der junge bewaffnete Mann, der in München in einem Schusswechsel mit der Polizei starb? Jetzt spricht der Vater des Attentäters

 06.09.2024

Einspruch

Wer mordet, will keinen Deal

Philipp Peyman Engel erinnert daran, dass nicht die israelische Regierung, sondern die Hamas sechs israelische Geiseln umgebracht hat

von Philipp Peyman Engel  06.09.2024 Aktualisiert

Meinung

Palästina-Aktivisten sind keine Streiter für Kunstfreiheit

In Dortmund störten sie eine Veranstaltung, auf der ein Film über die Massaker der Hamas gezeigt werden sollte

von Stefan Laurin  06.09.2024

Meinung

Der Westen und die Palästinenser

Warum fließen weiter Milliarden an Hilfsgeldern, ohne dass sich etwas zum Besseren wendet, fragt sich unser Gastautor

von Jacques Abramowicz  06.09.2024

München

Schüsse aufs Konsulat: Bayern will Präventionskonzepte prüfen

Für eine Verschärfung des Sicherheitskonzepts des Münchner Oktoberfestes sieht Herrmann hingegen keinen Anlass

 06.09.2024

Potsdam/Berlin

Neue Stiftung für Ausbildung von Rabbinern nimmt Arbeit auf

Zentralratspräsident Schuster: »Die neue Ausbildung öffnet wichtige internationale Horizonte und Netzwerke innerhalb des liberalen und konservativen Judentums«

von Yvonne Jennerjahn  06.09.2024 Aktualisiert