Die Liste der potenziellen Anschlagsopfer von Franco A. war lang und enthielt prominente Namen. So befanden sich unter anderem der damalige Justizminister Heiko Maas, die jetzige Kulturstaatsministerin Claudia Roth sowie Anetta Kahane, Gründerin der Amadeu Antonio Stiftung, im Visier des gewaltbereiten Rechtsextremisten mit einem bemerkenswerten Doppelleben. Denn einerseits war der 33-jährige Offizier bei der Bundeswehr, andererseits gab er sich als Flüchtling aus Syrien aus und hatte sich so auch Sozialleistungen erschlichen.
Zudem verbreitete der dreifache Familienvater in der Telegram-Gruppe »Süd« sowie in der sogenannten Prepper-Szene, in der sich auch manche Neonazis oder Reichsbürger tummeln, antisemitische Verschwörungstheorien und forderte beispielsweise eine »Schutzbewaffnung gegen Flüchtlinge«.
PISTOLE 2017 dann die Verhaftung auf einer Toilette des Wiener Flughafens, wo er zuvor eine Pistole deponiert hatte. Was Franco A. damals genau plante, ist bis heute unklar. Ziemlich sicher aber ist, dass er nun für fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis muss, wie am vergangenen Freitag das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt lautete.
Die Richter befanden ihn in mehreren Anklagepunkten für schuldig – dazu zählen auch die Vorbereitung einer staatsgefährdenden Straftat sowie waffenrechtliche Verstöße. Ferner bescheinigten ihm die Richter, eine völkisch-nationalistische, rechtsextremistische Gesinnung zu haben. Noch ist das Urteil jedoch nicht rechtskräftig.
Der Zentralrat der Juden begrüßte das Urteil gegen Franco A. »Der Prozess hat das zutiefst antisemitische und rassistische Menschenbild des Täters offenbart. Vom Rechtsextremismus geht eine große Gefahr aus, für unsere Gesellschaft, unsere Demokratie und den Staat«, betonte Zentralratspräsident Josef Schuster.
»Es ist beängstigend, dass unser Büro von ihm ausspioniert wurde.«
Amadeu Antonio Stiftung
Daher gelte es, so Schuster, weiterhin konsequent gegen Rechtsextremismus vorzugehen. Hier sei vor allem der Staat in der Pflicht. Rechtsextreme Netzwerke müssten dringend aufgedeckt werden. »Zu viele Rechtsextreme sind trotz Haftbefehls auf freiem Fuß«, sagte Schuster. »Darüber hinaus müssen effiziente und nachhaltige Methoden entwickelt werden, um antisemitischen und rassistischen Denkmustern zu begegnen und Radikalisierung im Netz zu verhindern.«
anschläge »Wir sind in erster Linie erleichtert«, hieß es auch auf Anfrage dieser Zeitung bei der Amadeu Antonio Stiftung. Dort hatte Franco A. sowohl die Geschäftsstelle als auch die Tiefgarage aufgesucht. »Es ist beängstigend, jeden Tag in ein Büro zu gehen, das von einem rechtsextremen Terroristen ausspioniert wurde, der potenziell bewaffnete Anschläge gegen die Vorsitzende, Anetta Kahane, plante«, so ihr Pressesprecher Lorenz Blumenthaler.
Es sei gut, dass das Gericht nicht auf die Inszenierung des Angeklagten hereingefallen sei, der keine Gelegenheit ausgelassen habe, den Prozess und die Medienberichterstattung als seine Bühne zu nutzen, so Blumenthaler.
»Zu viele Rechtsextreme sind trotz Haftbefehls auf freiem Fuß.«
Zentralratspräsident Josef Schuster
»Auch wenn viele Fragen über seine weiteren Verstrickungen in rechtsextreme Netzwerke in der Bundeswehr offen bleiben, ist mehr als positiv zu bewerten, dass das Urteil Franco A.s rechtsextreme Ideologie und Motivation ganz klar benennt. Das ist ein deutlicher Fortschritt, wenn man den Prozess mit ähnlichen rechtsextremen Fällen der letzten zehn Jahre vergleicht.«
BEHÖRDEN »Das Urteil gegen Franco A. erleichtert mich sehr«, teilte auch Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane nach dem Schuldspruch mit. »Nicht auszudenken, wäre er freigesprochen worden. Das wäre ein fatales Signal gegenüber allen Bedrohten.« Dennoch kritisiert sie den Umgang der Behörden mit Betroffenen. »Der gesamte Komplex um Franco A. hat gezeigt, dass noch viel Luft nach oben ist, wenn es um den Schutz von Personen der Zivilgesellschaft geht.« Erst durch die Medien hatte Kahane erfahren, dass sie von dem Rechtsextremen bedroht wurde. Ihr Versuch, als Nebenklägerin zugelassen zu werden, scheiterte.
Die Tatsache, dass der Offiziersanwärter bereits während seines Studiums antisemitische Thesen formulieren konnte, wirft Fragen auf. Zwar wurde seine Masterarbeit deshalb nicht angenommen – dennoch erhielt Franco A. die Möglichkeit, eine neue zu schreiben. Auch seine Karriere als Oberleutnant bei der Deutsch-Französischen Brigade litt nicht darunter. Und der Militärische Abschirmdienst hatte ihn trotz dieser Auffälligkeiten nicht auf dem Radar.
»Der Gesetzgeber muss aus der Gefahr des Rechtsterrorismus die nötigen Schlüsse ziehen«, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle. Gefährliche Rechtsextremisten dürften keinen Platz im öffentlichen Dienst oder bei der Bundeswehr finden. Deshalb fordert er gemeinsame gesetzliche Standards von Bund und Ländern.
Und der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz ergänzt: »Der Fall von Franco A. hat das Licht auf eine in hohem Maße beunruhigende Entwicklung geworfen, nämlich die bewusste Unterwanderung von Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr durch gut vernetzte Extremisten.«