Bundestag

CDU will Sofortprogramm zum Stopp illegaler Migration beschließen

Konrad-Adenauer-Haus in Berlin Foto: picture alliance/dpa/Revierfoto

Trotz Protesten und Kritik aus den eigenen Reihen will die CDU bei ihrem Parteitag am Montag ein »Sofortprogramm« mit den umstrittenen Migrationsplänen beschließen. Parteichef Friedrich Merz gab mit Blick auf die Bundestagswahl in drei Wochen eine »Garantie« für Veränderungen im Falle seiner Kanzlerschaft. »Ich gebe den Wählerinnen und Wählern in Deutschland die Garantie, dass es in der Wirtschaftspolitik und in der Asylpolitik eine wirkliche Wende gibt«, sagte der Unionskanzlerkandidat der »Bild am Sonntag«. »Wir brauchen in Deutschland einen Politikwechsel.«

Im Beschlussentwurf für das »Sofortprogramm« verspricht die CDU, direkt nach einer Regierungsübernahme den umstrittenen Fünf-Punkte-Plan von Merz umzusetzen. Der Entwurf, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, soll am Montag beim Parteitag in Berlin von den 1001 Delegierten verabschiedet werden. Die Veranstaltung dürfte von Protesten begleitet werden. Organisationen wie Fridays for Future und Zusammen gegen Rechts wollen gegen eine Zusammenarbeit der Union mit der AfD demonstrieren. 

Zuerst hatten die »Rheinische Post« aus Düsseldorf und das Portal »Politico« über das Papier berichtet. Das 15-Punkte-Programm unter dem Titel »Unser Sofortprogramm für Wohlstand und Sicherheit« wurde am Abend an den Parteivorstand verschickt. Es ist in zwei Themenkomplexe unterteilt und enthält komprimiert wesentliche Teile aus dem CDU-Wahlprogramm.

Lesen Sie auch

Mit neun von 15 Einzelpunkten legt das Sofortprogramm unter der Zwischenüberschrift »Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand« einen Schwerpunkt auf Wirtschaftsthemen. Mehrere Beschlüsse der gescheiterten Ampel-Regierung von SPD, Grünen und FDP sollen rasch zurückgedreht werden. Bei jeder Entscheidung werde man genau darauf achten, »dass sie der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, dem Wohlstand und der Sicherheit der Menschen im Land dient«, heißt es in dem Papier. »Vorrang für Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand« 

Stromsteuer und Netzentgelte sollen gesenkt werden, so dass eine Entlastung von mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde entsteht. Für einen Rückbau der Bürokratie will die CDU weniger Betriebsbeauftragte, keine Bonpflicht, eine Abschaffung der deutschen Lieferkettenregulierung und der Belastungen durch das Energieeffizienzgesetz. Das Heizungsgesetz der Ampel soll abgeschafft, die Agrardieselrückvergütung wieder vollständig eingeführt werden. 

Eine Begrenzung der Migration wird als klares Gesetzesziel genannt.

Anstelle einer täglichen soll eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt und so flexibleres Arbeiten ermöglicht werden. Überstundenzuschläge sollen steuerfrei gestellt werden. Wer in der Rente freiwillig mehr arbeiten will, soll sein Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei bekommen. Die CDU will die Umsatzsteuer auf Speisen in Restaurants und Gaststätten auf sieben Prozent reduzieren. Zudem soll die Zahl der Regierungsbeauftragten halbiert werden.»Sicherheit für die Menschen in Deutschland«

Neben dem Fünf-Punkte-Plan von Merz mit dauerhaften Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einem zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder will die CDU das am Freitag im Bundestag gescheiterte »Zustrombegrenzungsgesetz« weiter verfolgen. Eine Begrenzung der Migration wird als klares Gesetzesziel genannt, ebenso das Ende des Familiennachzugs für subsidiär - also eingeschränkt - Schutzberechtigte und mehr Befugnisse für die Bundespolizei.

Die CDU will laut Sofortprogramm zudem so rasch wie möglich die »Express-Einbürgerung der Ampel rückgängig« machen.

Die CDU will laut Sofortprogramm zudem so rasch wie möglich die »Express-Einbürgerung der Ampel rückgängig« machen. Sie betont: »Der deutsche Pass steht am Ende der Integration und nicht am Anfang.« Das Cannabis-Gesetz soll abgeschafft werden. Sexueller Missbrauch von Kindern soll mit der Speicherung von IP-Adressen bekämpft werden. Mit einer elektronischen Fußfessel will die Partei Gewalttäter gegen Frauen stoppen. Mit welchem Partner kann die CDU ihr Programm umsetzen?

Offen bleibt, ob die CDU ihre Ankündigungen nach einem Sieg bei der Bundestagswahl durchsetzen kann - und wenn ja in welchem Maße. Nach den aktuellen Umfragen dürfte die Union bei der Bildung einer Regierung mindestens auf SPD oder Grüne angewiesen sein, die in der geplatzten Ampel-Regierung vieles von dem beschlossen haben, was jetzt zurückgenommen werden soll. Empörung wegen Beschluss zu Fünf-Punkte-Plan mit AfD-Stimmen

Lesen Sie auch

CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz hatte für Empörung gesorgt, weil er im Bundestag in Kauf genommen hat, dass AfD-Stimmen ausschlaggebend für Mehrheiten jenseits von SPD und Grünen sein könnten. So hatte sein Fünf-Punkte-Migrationsplan am Mittwoch eine Mehrheit bekommen - erstmals auch wegen AfD-Stimmen. Eine bindende Wirkung für die Regierung hat der Beschluss nicht. Ein Gesetzentwurf der Union zur Begrenzung der Migration scheiterte am Freitag im Bundestag trotz der Zustimmung der AfD.

Zehntausende Menschen gingen aus Protest auf die Straße, scharfe Kritik kam von den beiden großen Kirchen und von Altkanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Publizist und Moderator Michel Friedman erklärte seinen Austritt aus der CDU. Während SPD, Grüne und Linke von einem Tabu- und Dammbruch sprechen, kontert Merz, eine richtige Entscheidung werde nicht dadurch falsch, dass die Falschen zustimmten.

Mit Spannung wird erwartet, wie die 1001 Delegierten auf den Kurs von Merz bei der AfD reagieren - eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten hat der CDU-Chef strikt ausgeschlossen.

An diesem Sonntag will Merz die Parteitagshalle besichtigen. Am späten Nachmittag kommen zunächst das Präsidium und anschließend der Vorstand zu letzten Beratungen vor dem Delegiertentreffen zusammen.

Justiz

Ist der Begriff »Prostitutionslobby« strukturell antisemitisch?

Ein Urteil des Landgerichts Berlin sorgt für Gesprächsstoff: Befürworter eines Sexkaufverbots verklagten eine Aktivistin, weil diese sie »strukturell antisemitisch« genannt hatte

von Michael Thaidigsmann  06.03.2025

Washington

Trump droht Hamas: »Das ist die letzte Warnung«

»Ich schicke Israel alles, was es braucht, um die Sache zu Ende zu bringen. Kein einziges Hamas-Mitglied wird sicher sein, wenn Ihr nicht tut, was ich sage«, betont der US-Präsident 

 05.03.2025

Krieg

US-Regierung führt direkte Gespräche mit Hamas

Die Sprecherin des Weißen Hauses bestätigt den Kontakt. Laut der Hamas geht es um amerikanische Geiseln und eine mögliche Vereinbarung zur Beendigung des Gaza-Kriegs

von Luzia Geier  05.03.2025

Reaktionen

Augen auf Berlin

Wie man in Israel und der jüdischen Welt den Ausgang der Bundestagswahl bewertet

von Michael Thaidigsmann  05.03.2025

Debatte

Regierung distanziert sich von Gaza-Aussage des Beauftragten Klein

US-Präsident Trump hat mit Blick auf den Gazastreifen von einer Umsiedlung gesprochen. Der Antisemitismusbeauftragte Klein meint, es lohne sich, über die Pläne nachzudenken. Die Bundesregierung sieht das jedoch anders

 05.03.2025

Glosse

Juden machen stets Probleme

Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Donald Trump im Weißen Haus die Stirn geboten. Zuvor hatte er schon Ärger mit dem Kreml. Komisch, oder?

von Louis Lewitan  05.03.2025

Essay

Geplatzte Hoffnung

Die Ukraine muss sich wohl oder übel auf den Verlust ihres wichtigsten Verbündeten einstellen. Es geht um ihr Überleben

von Vyacheslav Likhachev  05.03.2025

In eigener Sache

Zachor!

Warum es uns wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

 05.03.2025

Bedroht

Letzte Bastionen

Einst gab es in Deutschland eine große israelsolidarische linksradikale Szene. Wo ist sie hin? Eine Spurensuche in Berlin und Leipzig

von Mascha Malburg  05.03.2025