Frankfurt/Main

Butler ohne Feldmann

Peter Feldmann Foto: dpa

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) wird nicht an der Verleihung des Adorno-Preises an die amerikanische Philosophin Judith Butler teilnehmen. »Er wird dann verreist sein«, sagte sein Sprecher der Jüdischen Allgemeinen, »das war schon lange angekündigt«. Feldmann, der wie Butler jüdisch ist, wird derzeit heftig angegriffen, weil die Stadt Frankfurt mit Butler nicht nur eine Theoretikerin der Gender Studies ehrt, sondern auch jemanden, der Hamas und Hisbollah als »Teil der globalen Linken« bezeichnet und die umstrittene Initiative »Boycott, Divestment and Sanctions« (BDS) gegen Israel unterstützt.

Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden, nennt Butler daher eine »bekennende Israel-Hasserin«. Israels Botschafter in Berlin, Yakov Hadas-Handelsman, hat an Feldmann geschrieben, die Preisverleiher hätten es versäumt, »die Moralphilosophin an ihrer eigenen Moral zu messen«. Jury-Mitglied Marlene Streeruwitz, Schriftstellerin aus Österreich, beklagte daraufhin im »Spiegel«, die Diskussion in Deutschland werde »in der Sprache der Hetze« geführt.

Skandal Kritik kommt aber auch aus Feldmanns engerem Umfeld. Jürgen Richter, langjähriger Weggefährte und Mitglied des Arbeitskreises jüdischer Sozialdemokraten, sagt: »Ich halte es für einen Skandal, dass Butler dieser Preis verliehen wird.« Sie sei eine »Stichwortgeberin, die sich den Feinden Israels zur Verfügung stellt«. Inzwischen gibt es jedoch eine Petition, die den Adorno-Preis für Butler begrüßt: »Wir widersprechen der Delegitimierung einer Philosophin, von der außer Frage steht, dass sie einer Kultur der Gewaltlosigkeit und der kommunikativen Verständigung verpflichtet ist«, heißt es in der Erklärung, die unter anderem von dem Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik und dem Historiker der »Frankfurter Schule«, Martin Jay, unterzeichnet wurde.

Butler, die selbst Mitglied einer Synagoge im kalifornischen Oakland ist, weist die Vorwürfe zurück. Sie habe Hamas und Hisbollah nur rein deskriptiv der Linken zugeordnet, sagte sie schon im Jahr 2010 der Berliner Wochenzeitung Jungle World. »Ich habe keine der genannten Bewegungen jemals unterstützt, und mein eigenes Engagement gegen Gewalt macht es unmöglich, das zu tun.«

Zu ihrem Verhältnis zu BDS schreibt sie in der Berliner Zeitung, anders als die Initiative lehne sie »die Diskriminierung einzelner Personen aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit ab«. Daher arbeite sie selbstverständlich mit Israelis in zahlreichen akademischen Projekten zusammen. Zur deutschen Diskussion heißt es bei Butler: »Wenn einige Angehörige der deutschen Linken denken, dass eine reflexhafte Verteidigung Israels das einzige Mittel gegen den Antisemitismus sei, dann müssten sie augenblicklich jeden Kontakt mit der jüdischen Linken abbrechen.«

Die Preisverleihung soll am 11. September stattfinden. Zeitgleich ist am Frankfurter Paulsplatz unter dem Motto »Kein Adorno-Preis für Judith Butler! Kein Adorno-Preis für Antisemiten!« eine Gegenkundgebung angekündigt.

Meinung

Treitschke ist nicht »umstritten«

Die CDU in Berlin-Steglitz weigert sich, den eindeutigen Antisemitismus des Historikers anzuerkennen – und macht sich damit im Streit um einen Straßennamen unglaubwürdig

von Sebastian Leber  07.01.2025

Nahost

Irans Militär probt Luftverteidigung bei Atomanlage Natans

Kurz vor Donald Trumps erneuter Amtsübernahme bereitet sich das iranische Militär auf mögliche Angriffe auf seine Atomeinrichtungen vor

 07.01.2025

Berlin

Lagodinsky verzichtet auf Bundestagskandidatur

Der grüne Europaabgeordnete will sich nun doch nicht um das Direktmandat im Berliner Wahlkreis Pankow bewerben

 07.01.2025

Essay

Ritt ins Verderben

Gedanken eines österreichischen Juden zu einer möglichen Kanzlerschaft des Rechtsextremisten Herbert Kickl

von Vladimir Vertlib  06.01.2025

Berlin

So reagiert die AfD auf den FPÖ-Erfolg in Österreich

Die Chefin der rechtsextremen Partei meldet sich direkt zu Wort

 06.01.2025

"Lebensborn"

Was von den Heimen der »Herrenmenschen« übrig blieb

Die SS träumte von einer neuen »Eliterasse«. Ausgewählten Müttern unehelicher Kinder bot sie diskrete Entbindungen an. Nach dem Krieg kamen die Mündel in die Obhut katholischer Vereine. Einer trägt bis heute schwer an dem Erbe

von Christoph Renzikowski  06.01.2025

Österreich

Rechtsextreme FPÖ erhält Auftrag zur Regierungsbildung

Nach dramatischen Tagen bekommen die Rechtspopulisten nun die Chance, eine Regierungskoalition zu schmieden

 06.01.2025

Deutschland

Rechtsextreme Straftaten 2024 auf neuem Rekordstand

Die Zahl der rechtsextrem motivierten Straftaten nimmt rasant zu. 2024 wurde ein neuer Höchststand erreicht. Darunter auch 1100 Gewaltdelikte

 06.01.2025 Aktualisiert

Roman Schwarzman

Holocaust-Überlebender aus Ukraine hält am 27. Januar Rede beim zentralen Gedenken im Bundestag

Im kommenden Jahr jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz zum 80. Mal. Zur Gedenkstunde im Bundestag wird ein Holocaust-Überlebender aus Odessa erwartet

 05.01.2025 Aktualisiert