Nach dem Vorbild der Berliner Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) will sich ein Verein zur bundeseinheitlichen Koordinierung von Meldestellen antisemitischer Vorfälle gründen.
»Das übergeordnete Ziel ist die Sicherstellung einer bundeseinheitlichen, zivilgesellschaftlichen Erfassung antisemitischer Vorfälle«, sagte Benjamin Steinitz, Leiter von RIAS, der Tageszeitung »Die Welt« (Dienstag). Die neue Zentralstelle solle die Arbeitsweise der regionalen Meldestellen begleiten und die Qualität der Angaben sicherstellen.
Innenministerium Schirmherr des unabhängigen Vereins wird der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein. Voraussichtlich im November soll die Arbeit der Meldestelle beginnen. Beteiligt sind auch der Zentralrat der Juden in Deutschland und einige jüdische Gemeinden.
In manchen Bundesländern gibt es bereits vergleichbare regionale Projekte, etwa in Bayern. Andere Bundesländer sollen nun rasch folgen, darunter Brandenburg und Thüringen. Das Bundesinnenministerium wird die Finanzierung einzelner Projekte übernehmen.
Bei seinem Amtsantritt im Frühjahr 2018 hatte Felix Klein angekündigt, sich mit einer umfassenden Erfassung antisemitischer Vorfälle beschäftigen zu wollen. »Es darf in der Gesellschaft keine Gleichgültigkeit gegenüber antisemitischen Übergriffen herrschen«, sagt Klein zur Notwendigkeit einer bundesweiten Meldestelle. »Deshalb müssen wir auch Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze thematisieren und dagegen vorgehen.«
Kriminalstatistik Die Einführung eines bundesweiten Meldesystems soll auch ein genaueres Abbild der Motive judenfeindlicher Straftaten geben als in der Vergangenheit. Denn schon seit Längerem steht die Kriminalstatistik der Polizei in der Kritik, da Straftaten automatisch »rechten Ideologien« zugeordnet werden, wenn das Motiv unklar ist.
»Aus den jüdischen Gemeinden höre ich, dass die subjektive Wahrnehmung der Bedrohung durch muslimisch geprägten Antisemitismus größer ist, als es in der Kriminalstatistik zum Ausdruck kommt«, sagte Felix Klein im Gespräch mit der »Jüdischen Allgemeinen«. Deshalb müsse die Kriminalstatistik dringend überprüft, darüber hinaus aber auch ein niederschwelliges bundesweites Erfassungssystem antisemitischer Übergriffe eingeführt werden. epd/ja