Die Bundestagsfraktionen von Union, FDP und SPD haben sich auf eine Resolution zur Beschneidung von Jungen verständigt. Darin soll die Bundesregierung nach Angaben aus Fraktionskreisen aufgefordert werden, eine gesetzliche Erlaubnis religiös motivierter Beschneidungen zu schaffen.
Wie aus dem Text hervorgeht, will die Regierungskoalition den entsprechenden Gesetzentwurf bereits im Herbst vorlegen. Er soll sicherstellen, »dass eine medizinisch fachgerechte Beschneidung von Jungen ohne unnötige Schmerzen grundsätzlich zulässig ist«.
Die Resolution soll am Donnerstagnachmittag bei einer Sondersitzung des Bundestages zu den Finanzhilfen für Spanien verabschiedet werden, nach der Abstimmung in den Fraktionssitzungen.
Diskussionen »Jüdisches und muslimisches Leben, Religion und Kultur müssen in Deutschland möglich sein. Dazu gehört die Beschneidung von Knaben«, sagte Volker Kauder der Jüdischen Allgemeinen. Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende hat den parteienübergreifenden Beschluss initiiert. »Dafür muss so schnell wie möglich Rechtssicherheit geschaffen werden. Diese Botschaft soll der Bundestag durch eine Aufforderung an die Bundesregierung in der Sondersitzung zum Ausdruck bringen.«
Bei der Fraktion der SPD hieß es vor der Debatte: »Wir wollen schnell ein deutliches Signal an die Menschen jüdischen und muslimischen Glaubens senden, wie hier Rechtssicherheit geschaffen werden kann, damit religiöses Leben in Deutschland weiter ermöglicht wird«, sagte Christine Lambrecht, die für die Fraktion im Bundestag sprechen wird. Für die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sei klar, dass jüdisches und muslimisches Leben und damit auch die religiösen Riten fester Bestandteil der Gesellschaft in Deutschland seien, heißt es in Lambrechts Statement.
Die Fraktionsvertreter der Grünen Renate Künast und Jürgen Trittin haben nach der am frühen Nachmittag einberufenen Sondersitzung betont, dass sie sich dem Hauruck-Verfahren nicht anschließen möchten. »Unser Ziel war es, nach der Sommerpause Fachgespräche zu führen«, sagte Künast. Man wolle die Ausübung der jüdischen und muslimischen Religion in allen Facetten ermöglichen, betonte die Politikerin.
Die FDP-Fraktion wollte sich vor der Debatte nicht äußern.
Sitzung Der Bundestagsabgeordnete der Linken und religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion »Die Linke«, Raju Sharma, hat erklärt, dass er sich bei der Abstimmung über den von der Regierungspartei gemeinsam mit den SPD-Abgeordneten eingebrachten Resolutionsentwurf enthalten wird. Wie sich die Fraktion verhalte, werde jedoch in einer Fraktionssitzung, die um 13 Uhr beginnt, diskutiert.
»Ich hätte mir gewünscht, dass das Thema der Beschneidung erst in den entsprechenden Ausschüssen des Bundestages beraten worden wäre.« Am weiteren Procedere verändere die Entschließung nichts, da vor Herbst keine gesetzlichen Aktivitäten mehr zu erwarten seien. Die Abgeordneteninitiative sei der Versuch der Bundesregierung, sich über die »Sommerpause zu retten und zu verhindern, dass die Diskussion über die Beschneidung das Sommerloch füllt«. Schnellschüsse würden nicht helfen, sagte Sharma, der noch einmal betonte, dass er »die Beschneidung« nicht generell ablehne.
Die kirchenpolitische Sprecherin der SPD, Kerstin Griese, betonte am Mittwoch, dass eine schnelle Regelung wichtig sei, um die Rechtsunsicherheit für jüdische und muslimische Familien zu beenden. Nach ihrer Auffassung solle Beschneidung nur erlaubt werden, »wenn sie von medizinischem Personal im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis und unter örtlicher Betäubung ausgeführt wird«, sagte sie der Nachrichtenagentur epd.
Regierungssprecher Steffen Seibert betonte am Mittwoch erneut, dass die Bundesregierung die Beschneidung minderjähriger Jungen »zügig« regeln will. Ein Urteil des Landgerichts Köln, dass die Beschneidung aus anderen als medizinischen Gründen als Körperverletzung gewertet hatte, sorgt derzeit für Unsicherheit bei Juden und Muslimen, bei denen die Beschneidung zur Tradition gehört. epd/ja