Justiz

Bundessozialgericht erleichtert Anspruch auf Ghetto-Rente

Bundessozialgericht in Kassel Foto: dpa

Jüdische NS-Verfolgte müssen für eine Ghetto-Rente nicht in einem Ghetto während der NS-Zeit gelebt haben. Durften sie ihr Haus nur in wenigen Ausnahmen verlassen, liegt ein ghettoähnlicher Aufenthalt vor, der eine Ghetto-Rente begründen kann, urteilte am Mittwoch das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. (AZ: B 13 R 9/19 R).

VORAUSSETZUNGEN Nach dem Ghettorenten-Gesetz können jüdische NS-Verfolgte unter bestimmten Voraussetzungen für ihre »Ghettobeschäftigung« von der Deutschen Rentenversicherung eine Ghetto-Rente erhalten. Hierfür müssen Betroffene zwangsweise in einem »Ghetto« im damaligen NS-Einflussgebiet gelebt und ein Entgelt – etwa in Form einer Extraportion Essen – für die geleistete Arbeit erhalten haben.

Im Streitfall hatte der heute in den USA lebende 91-jährige jüdische Kläger eine Ghetto-Rente beantragt. Er lebte von 1939 an im polnischen Sarnów, einem Ort mit damals rund 100 Einwohnern. 21 Menschen waren Juden und durften ihre Häuser nur zur Arbeit oder für unerlässliche Besorgungen verlassen. Der Kläger hatte für das deutsche Militär gearbeitet, indem er Lkws wusch.

Die Deutsche Rentenversicherung Nord lehnte die Ghetto-Rente dennoch ab. Der Mann habe nicht in einem Ghetto gelebt, sondern in seinem eigenen Haus.

UNRECHT Das BSG urteilte nun, dass der 91-Jährige Anspruch auf eine Ghetto-Rente habe. Der Begriff des Ghettos sei nicht klar definiert und müsse weit ausgelegt werden. Deutschland habe mit der Ghetto-Rente NS-Unrecht so weit wie möglich ausgleichen wollen. Mit dem Ghettorenten-Gesetz habe der Gesetzgeber zunächst nur geschlossene Ghettos im Blick gehabt.

Damit liege aber eine Regelungslücke vor. Denn die überwiegende Zahl der Ghettos seien offene Ghettos gewesen. Letztlich könne auch ein auf dem Land befindliches Haus ghettoähnlich sein. Voraussetzung hierfür und damit für den Rentenanspruch sei, dass die jüdischen Verfolgten in dem Haus zwangsweise bleiben mussten und sie nahezu keine Möglichkeit hatten, ihre Bewegungsfreiheit auszuüben.

Nach Angaben des Anwalts stehen dem Kläger etwa 200 Euro monatlich sowie eine Nachzahlung in Höhe von um die 50.000 Euro zu. epd

USA

Wer Jude ist, bestimmt nun er

Donald Trump wird immer mehr wie der berühmt-berüchtigte Wiener Bürgermeister Karl Lueger

von Michael Thaidigsmann  16.03.2025 Aktualisiert

Analyse

Die Umdeutler

Die AfD will die deutsche Geschichte verfälschen. Künftig kann sie ihr Ziel noch konsequenter verfolgen

von Sebastian Beer  16.03.2025

In eigener Sache

Warum es uns besonders wichtig ist, mit einer Sonderausgabe an Kfir, Ariel und Shiri Bibas zu erinnern

Ein Editorial von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  16.03.2025 Aktualisiert

Berlin

Joschka Fischer nennt mögliche Verhaftung Netanjahus »absurd«

Der frühere Außenminister stimmt CDU-Chef Friedrich Merz zu: Der israelische Ministerpräsident müsse Deutschland unbehelligt besuchen können

von Imanuel Marcus  16.03.2025

Berlin

Staatsanwaltschaft: Deutlich mehr antisemitische Straftaten

Im vergangenen Jahr wurden 756 Fälle registriert

 16.03.2025

Brüssel

Früherer EJC-Chef Kantor von EU-Sanktionsliste gestrichen

Die Streichung des russisch-britischen Geschäftsmanns erfolgte offenbar auf Druck der ungarischen Regierung

 14.03.2025

New York

Im Trump Tower: Demo gegen Abschiebung eines Israelfeindes

Die USA wollen einen israelfeindlichen Aktivisten abschieben. Noch gab es kein Gerichtsverfahren, das Weiße Haus sieht sich im Recht. Jetzt gab es Protest – an einem symbolträchtigen Ort

 14.03.2025

Solidarität

»Wir haben Potter als einen mutigen Journalisten kennengelernt«

Der Journalist Nicholas Potter ist seit Wochen das Ziel einer Rufmordkampagne, initiiert von einem dubiosen Propaganda-Portal und befeuert von antiisraelischen Aktivisten. Jetzt äußert sich der Zentralrat der Juden

von Nils Kottmann  14.03.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Polizei verhindert möglichen Anschlag auf Synagoge Halle

Der Tatverdächtige soll bereits eine Waffe besorgt und im Internet mit seinem Plan geprahlt haben

 13.03.2025 Aktualisiert