Die Bundesregierung will die Bildungsarbeit der NS-Gedenkstätten zusätzlich fördern. Dazu stellt sie bis 2022 für das neue Programm »Jugend erinnert« insgesamt 17 Millionen Euro zur Verfügung, wie Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) am Montag in Berlin bei einem Besuch des Anne-Frank-Zentrums mitteilte.
Mit dem Förderprogramm sollen die NS-Gedenkstätten und Dokumentationszentren für ihre pädagogische Arbeit neue Kooperationspartner gewinnen, wie es hieß. Als Beispiele wurden Schulen, Theater, Sportvereine, aber auch Auszubildende bei der Polizei und in der Justiz sowie Selbstorganisationen von Migranten genannt. Ziel sei es, mit nachhaltig wirkenden Bildungsformaten insbesondere junge Menschen, die bislang nicht erreicht wurden, in die Gedenkstätten zu bringen. Fördermittel stehen in Höhe von 50.000 bis 400.000 Euro pro Projekt mit einer Laufzeit bis drei Jahre zur Verfügung.
Mit dem Förderprogramm sollen die NS-Gedenkstätten und Dokumentationszentren für ihre pädagogische Arbeit neue Kooperationspartner gewinnen.
Für das Jahr 2019 sind dafür den Angaben zufolge zwei Millionen Euro eingeplant, für die Jahre 2020 bis 2022 stehen jeweils fünf Millionen Euro zur Verfügung. Entwickelt wurde das Programm von einem achtköpfigen Expertenbeirat. Zu einem späteren Zeitpunkt soll das Programm auch auf Gedenkstätten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur ausgeweitet werden.
zentralrat Der Zentralrat der Juden begrüßt die Initiative. Das Programm »Jugend erinnert« komme genau zum richtigen Zeitpunkt, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster am Dienstag. »Angesichts einer immer geringeren Zahl von Zeitzeugen können junge Menschen vor allem in den Gedenkstätten einen authentischen Eindruck des historischen Geschehens bekommen. Solche Besuche sollten nicht nur finanziell gefördert, sondern in die Lehrpläne der weiterführenden Schulen aufgenommen werden.«
Schuster äußerte sich zudem zu der Forderung, Gedenkstättenbesuche als verpflichtenden Teil der Lehrerausbildung zu etablieren, wie es der Zentralrat bereits seit Längerem fordere. »Denn auf diese Weise versetzen wir künftige Lehrkräfte besser in die Lage, Gedenkstättenbesuche mit ihren Klassen vor- und nachzubereiten, und sie werden selbst für die Thematik sensibilisiert.« Dies diene nicht nur der besseren Vermittlung der deutschen Geschichte, sondern spiele auch eine wichtige Rolle in der Bekämpfung des Antisemitismus, so Schuster weiter.
Auch der Direktor der Stiftung Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge, sagte, das Programm komme zur rechten Zeit. Allerdings sollten keine »Wunderheilungen« erwartet werden, betonte Knigge, der auch im Programmbeirat sitzt.
zeitzeugen Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte, lebendige Erinnerungskultur sei der Schlüssel im Kampf gegen den Antisemitismus. Den Gedenkstätten komme angesichts fehlender Zeitzeugen eine wachsende Verantwortung zu. Es sei wichtig, vor Augen zu führen, wie »unser Kulturland« vor 80 Jahren versagt habe. »Wir brauchen eine Erinnerungskultur, die emotional anspricht«, betonte Klein.
Grütters betonte, die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus sei auch fast 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine andauernde Verpflichtung. »Authentische Orte wie die NS-Gedenkstätten spielen dabei eine zentrale Rolle, nicht zuletzt, weil es immer weniger Holocaust-Überlebende gibt«, erklärte sie.
Weiter sagte die CDU-Politikerin, »leider erleben wir, dass die Debatten über den Umgang Deutschlands mit seiner Vergangenheit wieder kontroverser werden«. Diskriminierende, ausgrenzende und hasserfüllte Parolen würden immer ungenierter öffentlich kundgetan. »Es ist etwas ins Rutschen geraten. Dem können wir nicht tatenlos zusehen«, betonte Grütters. epd/ja