Meinung

Boykotteure und Inspekteure

Michael Wuliger Foto: Marco Limberg

Erinnern Sie sich noch an die Wuppertaler »Scharia-Polizei«? Das waren Islamisten, die vor einem Jahr abends durch die Innenstadt der nordrhein-westfälischen Kommune patrouillierten, um Glaubensbrüder an gotteslästerlichem Tun zu hindern – wie Diskobesuche, Biertrinken und, wo es sich um Glaubensschwestern handelte, das Tragen kurzer Röcke.

Was Wuppertal die »Scharia-Polizei« damals war, sind Bremen heute die »BDS-Inspektoren«. Vergangenes Wochenende zog in der Hansestadt ein Trupp Israelkritiker über Weihnachts-, Wochen- und durch Supermärkte, auf der Suche nach Produkten aus dem Westjordanland, einheitlich gekleidet in Plastikmäntel mit der Aufschrift »Inspektion – Kennzeichnungspflicht für Waren aus den illegalen israelischen Siedlungen«.

BDS ist eine Abkürzung. Das »B« steht dabei nicht, wie man bei der Bremer Aktion vielleicht denken mag, für Blockwart, sondern für Boykott, das »D« für De-Investition und das »S« für Sanktionen. Es handelt sich um eine weltweit operierende Gruppe, die Israel wirtschaftlich unter Druck zu setzen versucht, inzwischen mit dem impliziten Segen der Europäischen Union.

Aktion Der Wuppertaler »Scharia-Polizei« konnte man immerhin noch zugutehalten, dass es sich um junge Burschen handelte, die möglicherweise in postpubertärem Überschwang agierten. Die selbst ernannten Bremer Inspektoren allerdings sind, den Fotos von der Aktion in der BILD-Zeitung nach zu urteilen, grauhaarige Herrschaften, die es in ihrem Alter besser wissen müssten. Oder sie sind bereits so alt, dass sie es nicht mehr wissen. (Ich darf das schreiben, ich bin selbst über 60.)

An dieser Stelle könnte man jetzt zum x-ten Mal darauf verweisen, dass derartige Aufzüge fatal an die »Kauft nicht beim Juden«-Kampagnen der Nazis erinnern. Oder darauf, dass letztendlich die Leidtragenden der BDS-Aktionen palästinensische Beschäftigte der boykottierten israelischen Betriebe sind, die dadurch ihre Arbeitsplätze verlieren. Alles schon gesagt, ohne dass es die BDS-Leute je beeindruckt hätte. Lassen wir stattdessen die Bremer Obsthändlerin Jasmin Rehfeldt (27) zu Wort kommen, deren Marktstand ebenfalls von den Aktivisten »inspiziert« wurde: »Hier rennen ganz schön viele Spinner rum!«

Der Autor ist Publizist in Berlin.

Meinung

Dieser Weg führt zu einer Koalition mit der AfD

Die Union und ihr Kanzlerkandidat haben sich verrannt. Wird eine Mehrheit im Bundestag mithilfe der AfD zur Regel, kommt die rechtsextreme Partei früher oder später an die Macht

von Joshua Schultheis  01.02.2025

Pro und Contra

Ist das der Riss in der Brandmauer?

Im Deutschen Bundestag ist erstmals eine Mehrheit nur mithilfe von AfD-Stimmen zustande gekommen. Ein schwerer Fehler der Unionsparteien, sagt Joshua Schultheis. Ein unvermeidbarer Vorgang in der Parteiendemokratie, sagt Philipp Peyman Engel

von Joshua Schultheis, Philipp Peyman Engel  01.02.2025

Kommentar

Historischer Tabubruch? Einreißen der Brandmauer?

Friedrich Merz, das Zustrombegrenzungsgesetz und die AfD: Eine Einordnung von JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel

von Philipp Peyman Engel  01.02.2025

Berlin

Bundestag stimmt gegen Gesetz zur Begrenzung der Migration

Die CDU/CSU hat für ihr Gesetz für mehr Härte in der Migrationspolitik keine Mehrheit gefunden

 01.02.2025

Nahost

EU startet Einsatz von Grenzschützern in Rafah

Die Wiedereröffnung des Grenzübergangs nach Gaza gilt als eine Voraussetzung dafür, dass das durch den Krieg der Hamas verursachte Leiden der Zivilbevölkerung im Gazastreifen gelindert werden kann. Jetzt sind EU-Experten vor Ort

 31.01.2025

Berlin

Kränze am Holocaust-Mahnmal zerpflückt und Zeugen angegriffen

Der Polizeiliche Staatsschutz des Landeskriminalamts ermittelt

 31.01.2025

Berlin

Wolffsohn: »Wechselnde Mehrheiten für wechselnde Themen«

Der Historiker verteidigt das Vorgehen der CDU im Bundestag. Er hofft auf ein »Zurückschrumpfen« der Rechtsextremen im Parlament

 31.01.2025

Berlin

Bundestag entscheidet über Migrationsgesetz - Nur mit der AfD?

Die Union will am Freitag ihr sogenanntes Zustrombegrenzungsgesetz zur Abstimmung bringen. Es könnte erneut zu einer Mehrheit mithilfe der AfD kommen

 31.01.2025

Interview

»Niemand soll jetzt die Hände in Unschuld waschen«

Michel Friedman über seinen Austritt aus der CDU, die Debatte um Friedrich Merz und die Bedeutung von Glaubwürdigkeit in der Politik

von Michael Thaidigsmann  30.01.2025