Vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York wählte US-Präsident Donald Trump ungewohnt deutliche Worte, um die Lage im Nahen Osten zu kommentieren: »Die Geißel unseres Planeten ist eine Gruppe von Schurkenstaaten«, so Trump. Einer davon sei der Iran, der mit Gewalt um eine regionale Vormachtstellung kämpfe.
Die Mullahs in Teheran seien eine »Bande von Kriminellen«, hielten sich nicht an internationale Abkommen und würden andauernd mit der Zerstörung Israels drohen. Außerdem seien sie die weltweit größten Terror-Finanziers. Trump verkündete überzeugt: »Die USA werden sehr bald darüber entscheiden, ob sie das Nuklear-Abkommen mit dem Iran revidieren oder ganz aufkündigen, wenn der Iran sich nicht endlich zivilisiert benimmt.«
Die Rede Trumps – und die Reaktion Netanjahus – zeigen: Der Iran wird im Nahen Osten, aber auch weit darüber hinaus als eine der aktuellen Gefahren für Sicherheit und Frieden wahrgenommen.
Das Regime der Mullahs steht damit der anderen, in den Medien aber viel öfter thematisierten feindlichen Macht dieser Tage (die Rede ist von Nordkorea) nach der Meinung von anerkannten Experten in nichts nach: »Die Menschen müssen verstehen, dass Iran mit Nordkorea gleichauf sein kann – und zwar in kurzer Zeit«, sagte kürzlich Emily Landau, Expertin für Nationale Sicherheit an der Universität von Tel Aviv. Um dies zu verhindern, müsse die Welt »steigenden Druck auf den Iran ausüben, mit einer Kombination aus wirklich schmerzhaften Sanktionen, Isolation und der Androhung militärischer Intervention«.
Nordkorea Landau sagte, es habe stets die Sorge bestanden, dass Nordkorea nukleare Waffentechnologie in den Iran ex-
portiert, aber nach dem jüngsten Testlauf der nordkoreanischen Streitkräfte könnte das bedeuten, dass die Technologie für Wasserstoffbomben weitergegeben wird.
Die Situation in Nordkorea hat gezeigt, dass die Optionen begrenzt sind. Wenn ein bestimmter Punkt erreicht ist, ist es zu spät für Verhandlungen. Deswegen muss jetzt Druck auf Iran ausgeübt werden. Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde müssen Zugang zu iranischen Militäreinrichtungen erhalten. »Blindes Vertrauen auf das Nuklear-Abkommen genügt nicht«, so Emily Landau.
Es stimmt: Wachsamkeit ist geboten. Das gilt nicht nur für Irans Politik im eigenen Land, sondern auch für expansionistische Bestrebungen im vom Bürgerkrieg verwüsteten Syrien. Hier sind es die Details, auf die es ankommt. Ein Beispiel von vielen: Iran und seine Verbündeten senden Verstärkung nahe an eine konfliktfreie Zone im Südosten Syriens, um das amerikanische Militär zum Rückzug von einem strategischen Stützpunkt nahe dem Al-Tanf-Grenzübergang zu bewegen. Sowohl Teheran als auch Damaskus betrachten es als Bedrohung, dass amerikanische Ausbilder in Al-Tanf Rebellenkämpfer trainieren.
Iran sieht die Vertreibung amerikanischen Militärs von dem strategischen Grenzübergang zwischen Syrien, Irak und Jordanien außerdem als ersten Schritt dazu, eine stabile Versorgungslinie nach Syrien und in den Libanon zu etablieren und in Südsyrien eine neue Front gegen Israel zu eröffnen. Wenn die USA die Kontrolle über al-Tanf behalten, dann sind sie in der Lage, die Kommunikation syrischer und irakischer Bodentruppen, die von Iran unterstützt werden, effektiv zu unterbinden.
Kotel Während Israel an der Seite der USA gegen Irans Ausbreitung vorgeht, darf der jüdische Staat natürlich auch die innenpolitischen Problemfelder der Gegenwart nicht vernachlässigen. Das gilt insbesondere für Entscheidungen in religiösen Fragen: Wiederholt gab es eine große Diskussion über die Gebete an der Klagemauer. Religiöse Kreise wollen natürlich, dass diese Gebete zwischen Männern und Frauen getrennt sind und in traditioneller Weise durchgeführt werden.
Andere Gruppen, denen vor allem auch amerikanische Juden angehören, sind eher reformorientiert und wollen auch gemeinschaftliche Gebete von Männern und Frauen. Um diese Frage zu lösen, wurde vorgeschlagen, dass an der Klagemauer selbst alle Gebete ganz traditionell bleiben; dass aber am Robinson-Tor auch auf andere Weise gebetet werden kann und Gruppen von Touristen und Israelis, Männern und Frauen zusammen beten können. Das ist ein Vorschlag, der die komplizierte Situation in einer ausgeglichenen und verständnisvollen Weise lösen will.
Der Vorsitzende der Jewish Agency, Natan Sharansky, hat sich sehr für diese ehrenvolle Lösung eingesetzt und dabei alle Kreise und ihre Bedürfnisse in Betracht gezogen. Aus innenpolitischen Gründen kam die Lösung trotzdem nicht zustande. Leider tritt dieser sehr fähige und gegenüber Israel und dem Judentum sehr hingebungsvolle Mann vom Vorsitz der Jewish Agency zurück, was außerordentlich zu bedauern ist. Es gibt nur einen Natan Sharansky.
Israel muss aber nicht nur an den Lösungen religiöser Fragen arbeiten, sondern auch dafür sorgen, dass bestimmte antiisraelische Sprechweisen nicht ohne Weiteres von Dritten benutzt und kultiviert werden können. Darauf wurde bisher noch zu wenig geachtet, was eine bedenkliche Entwicklung nach sich zog.
Besatzungen Ablesen lässt sich diese etwa am Konflikt um die von Israel »besetzten« Gebiete: Es gibt mehr als 40 andauernde Konflikte und Besatzungssituationen auf der Welt, zum Beispiel im Irak, in Afghanistan, in der westlichen Sahara, Osttimor, Ost-Kongo, Nagorno-Karabakh, Nordzypern und auf der Krim. Es ist seltsam, dass diese Situationen, die extensive Vertreibungen von Menschen mit sich bringen, in deren Lebensgebieten man neue Siedler heimisch werden lassen will, nur selten als »Besatzungen« bezeichnet werden.
Aber mehr noch: Israel hat im Sechstage-Verteidigungskrieg, nachdem es von den arabischen Staaten angegriffen wurde, keine Gebiete eines palästinensischen Staates besetzt. Einen solchen Staat gab es nicht! Israel hat das Westjordanland, das unrechtmäßig von Jordanien besetzt war, staatlich verwaltet. Aus diversen UNO-Be-schlüssen ging ganz klar hervor, dass sich auch im Westjordanland Juden ansiedeln dürfen.
Der immer wieder von Mahmud Abbas proklamierte Satz, dass Juden in dem geplanten palästinensischen Staat nicht wohnen können, ist nach internationalen Gesetzen völlig unhaltbar. Zum Vergleich: In Israel leben sehr viele palästinensische Araber – 20 Prozent der israelischen Bevölkerung –, und sie haben dieselben Bürgerrechte wie die jüdischen Israelis. Trotzdem ist der irreführende Ausdruck »Okkupation« politisiert worden, und parteiliche Ausdrücke wie »besetzte Palästinensergebiete« sind in den Wortschatz der UNO und des Roten Kreuzes eingegangen.
Eine derartige Terminologie hat keinerlei rechtliche Basis und präjudiziert fortwährende, abgestimmte und international befürwortete Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern. Wenn Organisationen wie die UNO oder das Rote Kreuz solche Begriffe benutzen, widerspricht das ihren eigenen Prinzipien von Neutralität und Unparteilichkeit.
Netanjahu Zu einem anderen Thema: Mit ungerechten, mehr als fragwürdigen Vorverurteilungen muss sich Ministerpräsident Netanjahu seit einigen Monaten immer und immer wieder beschäftigen. In der Presse kursieren Gerüchte, die mit unbestätigten Behauptungen versuchen, dem überaus populären Ministerpräsidenten Israels zu schaden.
Ich habe einen erfahrenen Chefredakteur gefragt, wie er dazu steht, dass ständig luftige Behauptungen über »Bibi« in der Presse hochgespielt werden. Die ehrliche Antwort lautete: »Natürlich gilt in einem juristischen Verfahren die Unschuldsvermutung, aber wir werden trotzdem weiter über unbestätigte Vorgänge berichten – weil das unsere Aufgabe und Pflicht ist.« Meine Antwort: Von Pflicht ist keine Rede. Was hier immer wieder geschieht, ist juristisch massiv unfair und menschlich bedenklich unwürdig.
Bannon Natürlich sind die innenpolitischen Turbulenzen, die Donald Trumps Präsidentschaft begleiten, ernst zu nehmen. Man denke etwa an den strategischen Berater und Breitbart-Gründer Stephen Bannon, der vor einigen Wochen seine Position im Weißen Haus aufgeben musste. Bannon wurde von allen Seiten kritisiert; ebenso wurde Trump hart angegriffen, weil er den als rechtskonservativ geltenden Vordenker in sein Team geholt hatte. Doch die Kritiker verschweigen gern, dass einige Gedanken und Pläne Bannons durchaus Sinn machen.
Er hatte zum Beispiel in der Afghanistan-Debatte den richtigen Standpunkt: Fast 16 Jahre Krieg, Tausende Tote und Verletzte sowie mehr als eine Trillion an Kosten, seit erstmals amerikanische Truppen in das Land am Hindukusch gesendet wurden – aber das ernüchternde Ergebnis ist, dass die Taliban heute mehr Gebiete beherrschen als je zuvor. Bannons Einfluss machte sich auch in der Handelspolitik positiv bemerkbar, indem er die US-Regierung dazu brachte, wegen unfairer Aktionen wirtschaftliche Sanktionen gegen China zu verhängen.
Nach Bannons Abgang bleibt die Frage offen, welche Politik Trump in Zukunft gegenüber China praktizieren wird. Er hat Peking schon vorauseilend Entgegenkommen versprochen, im Tausch gegen eine verstärkte Intervention Chinas im Nordkorea-Konflikt. Auch für den Schutz amerikanischer Erfindungen vor schädlichen Plagiaten hat Trump bislang nichts getan.
Es ist gewiss richtig, dass Bannon ein streitbarer Charakter ist, dessen Aussagen man zuweilen mit Vorsicht genießen muss – aber er hat sich stets als Freund Israels positioniert. So betonte erst kürzlich Mort Klein, Präsident der Amerikanischen Zionistischen Organisation, bei deren jährlichem Gala-Dinner im November Stephen Bannon als Gastredner eingeladen wurde: »Als Bannon sagte, er gehöre zur ›alternativen Rechten‹, da meinte er eine Alternative zum Establishment. Ihn als Rassisten oder Nationalisten darzustellen, ist unfair.«
Das wahre Rassismusproblem der USA zeigt sich nicht bei Leuten wie Bannon, sondern anderswo, weit weg von Washington: In Orten wie Charlottesville, wo jüngst Neonazis offen demonstrierten und antisemitische Parolen in die Nacht schrien. Kritik an Donald Trump für dessen zu schwache Reaktion auf die verachtungswürdigen, unmenschlichen Aktionen der Neonazis wurde bereits zur Genüge geäußert.
Charlottesville Ich möchte deshalb nur wenig dazu sagen. Trump ist gewiss kein Nazi, kein Antisemit. Aber er muss jene, die es sind, deutlicher benennen und rügen. Bei Trumps Reaktion auf die Geschehnisse in Charlottesville fehlte die Sensibilität, das so zu betonen, dass man ihm ehrliche Bestürzung und Empathie hätte abnehmen können. Trump muss sich jetzt nach allen Kräften bemühen, für jeden Amerikaner ein guter Präsident zu sein und jede Form der politischen Radikalisierung zu verurteilen. Einen Nazi muss er als Nazi bezeichnen!
Kohl Leider ist ein würdiger Freund Israels kürzlich verstorben. Ich meine Helmut Kohl, den langjährigen Vorgänger von Angela Merkel. Helmut war vor einem Jahr bei einer meiner Filmpremieren in Basel und lernte hier bei einem Empfang zu seinen Ehren unzählige Schweizer Persönlichkeiten kennen. Der Besuch in Basel begeisterte ihn wegen der enormen Herzlichkeit, die ihm alle entgegenbrachten, die Gelegenheit hatten, diesen noblen Staatsmann persönlich kennenzulernen.
Der US-Präsident a.D. Bill Clinton nannte Helmut Kohl den »Architekten Europas«, der enorme Leistungen vollbracht und das Leben unzähliger Menschen lebenswerter gemacht habe. Gleichzeitig rief Clinton die Staatschefs in Europa in Erinnerung an Kohl zu Geschlossenheit auf: Man dürfe Rechtspopulisten nicht das Feld überlassen, Politik dürfe nicht durch Propaganda ersetzt werden.
Deswegen müssen auch alle Menschen in Deutschland – und besonders die Juden, die dort leben – gemeinsam daran arbeiten, dass das gesellschaftliche Miteinander nicht von Rassisten und Neo-Faschisten vergiftet wird.
AfD Ich denke hier besonders an die neuen Parlamentarier der AfD, die mit einer erschreckend großen Zahl in den Deutschen Bundestag eingezogen sind. Innerhalb der AfD-Fraktion mag es auch gemäßigte Konservative geben, es gibt aber auch unverschämte Leugner des Holocaust und solche, die die Existenzberechtigung Israels offen infrage stellen. Es ist die dringendste Aufgabe aller Demokraten, den Rechtsradikalen in der neuen Legislaturperiode nicht das Feld zu überlassen.
Der Autor, Jahrgang 1927, ist Filmproduzent in der Schweiz und mehrfacher Oscar-preisträger.