Die Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main nimmt im Zuge des Nahost-Konflikts »weltweit und auch in Deutschland offenen Antisemitismus auf den Straßen und im Netz« wahr. Die Folge sei, dass viele Jüdinnen und Juden derzeit »auf das verzichten, was sie erkennbar jüdisch sein lässt«, sagte Deborah Schnabel, Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank, am Mittwoch vor Journalisten.
»Jüdische Menschen verstecken dieser Tage erkennbare Symbole oder sprechen mit ihren Kindern Fantasiesprachen statt Hebräisch auf Spielplätzen aus Angst, als Juden identifiziert zu werden«, sagte Schnabel.
Juden erlebten, dass das Existenzrecht Israels in Frage gestellt werde, dass Davidsterne und Hakenkreuze an Wohnhäuser und Geschäfte geschmiert würden sowie antisemitische Anfeindungen und Gewaltübergriffe.
Mulmiges Gefühl
»Wir denken alle drei Mal darüber nach, ob wir an einem Freitag oder Samstag in die Synagoge gehen«, sagte Schnabel, die seit 2022 zusammen mit dem deutsch-israelischen Historiker Meron Mendel die Bildungsstätte leitet. Eltern schickten ihre Kinder nur mit einem »sehr mulmigen Gefühl« in jüdische Kindergärten oder Schulen, so die promovierte Psychologin.
Die 1994 gegründete Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt ist laut eigenen Angaben »bundesweit aktiv, um Jugendliche und Erwachsene für Antisemitismus, Rassismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit zu sensibilisieren«. In Workshops, Fortbildungen und interaktiven Ausstellungen lernen Schüler, Lehrkräfte und Pädagogen, was sie Rechtspopulismus und Radikalisierungen entgegensetzen können.
Zudem will die Bildungseinrichtung bei Jugendlichen und Erwachsenen über das Leben von Anne Frank im Nationalsozialismus ein Bewusstsein für Antisemitismus in der Gegenwart wecken. kna