Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich zur Kritik an einer angeblichen Streichung von Fördermitteln für Hochschullehrer, die Aufrufe zur Auslöschung Israels und Aufrufe zu einer neuen Intifida relativiert hatte und als »Meinungsfreiheit« bezeichnet hatten, und der Entscheidung, Staatssekretärin Sabine Döring in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, geäußert.
Einen Rücktritt im Zusammenhang mit den aktuellen Vorwürfen lehnt sie ab. »Dazu sehe ich keine Veranlassung«, sagte die FDP-Politikerin am Montag in Berlin vor Journalisten auf entsprechende Nachfragen. »Ich habe den betreffenden Auftrag, förderrechtliche Konsequenzen prüfen zu lassen, nicht erteilt und auch nicht gewollt«, sagte die Ministerin.
Hintergrund: Mitte Mai kritisierten hatten mehr als 300 Professoren die Räumung eines Protestcamps von juden- und israelfeindlichen Demonstranten an der Freien Universität Berlin in einem offenen Brief kritisiert.
Bei den Protesten Mitte Mai zogen zahlreiche «propalästinensische» Demonstranten vor die FU Berlin, besetzten Räumlichkeiten, skandierten antisemitische Schlachtrufe, verherrlichten Gewalt gegen Juden, riefen zur Auslöschung des jüdischen Staates auf, begingen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch.
Kürzlich berichtete dann das ARD-Magazin »Panorama« unter Berufung auf interne E-Mails, im Bildungsministerium sei um eine Prüfung gebeten worden, inwieweit Aussagen im Brief strafrechtlich relevant sind und ob das Ministerium als Konsequenz Fördermittel streichen könnte.
Stark-Watzinger: Offener Brief ist Teil der Meinungsfreiheit
Der offene Brief der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer sei Teil der Debatte und der Meinungsfreiheit. Es gebe aber auch kein Recht auf Zustimmung und deshalb habe sie sich auch klar positioniert. Sie verteidige die Wissenschaftsfreiheit, machte Stark-Watzinger deutlich. Und Wissenschaftsförderung erfolge nach wissenschaftsgeleiteten Prinzipien, das sei ein Kernprinzip der Wissenschaftsfreiheit.
Zugleich wiederholte die Ministerin, dass sie der Brief noch immer »fassungslos« mache, wie einseitig darin der Terror der Hamas ausgeblendet werde. Sie zeigte auch Unverständnis darüber, dass, wie sie sagte, »pauschal gefordert wurde, von der Strafverfolgung an Universitäten abzusehen, während wir auf den Straßen eben gleichzeitig antisemitische Volksverhetzung und auch gewalttätige Übergriffe sehen auf jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger«.
Stark-Watzinger betonte, dass es für sie »bitter und unerträglich« sei, dass sich 2024 wieder Antisemitismus auf Straßen, Plätzen, im Netz und auch in den Hörsälen ausbreiten kann. »Und das ist etwas, wo wir alle unsere Stimme erheben müssen und nicht still sein dürfen und auch nicht relativieren und wegschauen dürfen.«
Döring wurde vom Zentralrat der Juden geschätzt
Forscherinnen und Forscher hätten Vorbildcharakter. »Wir alle haben dafür auch zu sorgen, jeder von uns in der Gesellschaft, dass der Geist unserer Verfassung auch gelebt wird«, so Stark-Watzinger weiter. Die Positionierung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sei ein Teil der Debatte und der Meinungsfreiheit.
Gleichzeitig seien alle gefordert, »auch die Werte unserer Verfassung, zum Beispiel den Zugang von jüdischen Studierenden zu den Hochschulen und die freie Entfaltung dort zu ermöglichen«. Wenn friedlicher Protest an Hochschulen in Antisemitismus oder Hetze übergehe, müssten entsprechende Maßnahmen ergriffen werden. Es sei zu beobachten, dass jüdische Studierende nicht mehr in die Hochschulen gehen und sich zurückziehen. »Und das ist eine Aufgabe von uns allen, dafür zu sorgen, dass das kein Dauerzustand bleibt, sondern anders wird. Denn das ist Gift für unsere Gesellschaft.«
Aus dem Umfeld des Zentralrats heißt es, dass die Zusammenarbeit mit Staatssekretärin Döring immer sehr gut und vertraulich abgelaufen sei und man sie zudem aufgrund ihrer klaren Haltung gegen Antisemitismus geschätzt habe. Der Prüfauftrag sei aus Sicht des Zentralrats allerdings nicht angemessen gewesen, obwohl der Protestbrief der Hochschuldozenten auch in der jüdischen Dachorganisation als irritierend eingestuft wird. Die darauffolgenden politischen und internen Konsequenzen könne man nicht kommentieren. ddk/dpa