Nur wenige Themen wurden in Israels Wahlkampf bislang weniger diskutiert als Benjamin Netanjahus Außenpolitik. Das liegt daran, dass selbst dessen Kritiker zumeist mit dem Hardliner-Premier in vielen Dingen übereinstimmen. Nur in einer Frage wird Netanjahus Politik anhaltend kritisiert: Er soll den Beziehungen zu den USA, Israels wichtigstem Verbündeten, geschadet haben.
Jerusalem erhält rund drei Milliarden US-Dollar Militärhilfe im Jahr. Immer wieder schirmt Washington Israel mit seinem Veto vor feindlichen Resolutionen des Weltsicherheitsrats ab und schützt Israel in anderen internationalen Foren. Kein Wunder also, dass viele Israelis ein Zerwürfnis mit ihrer Schutzmacht als strategische Gefahr betrachten.
Das hinderte Netanjahu nicht, Barack Obama in den vergangenen vier Jahren immer wieder vor den Kopf zu stoßen. Zuerst mit seiner Weigerung, einen Baustopp in Jerusalem umzusetzen, um Friedensverhandlungen mit den Palästinensern zu ermöglichen, oder später, als er Obama in eine offene Konfrontation mit dem Iran treiben wollte.
widersacher Zweifellos wünschte sich Netanjahu Obamas Widersacher Mitt Romney ins Amt: Beide kennen sich noch aus Jugendjahren und teilen nicht nur dieselbe kapitalistische Weltanschauung. Romney glaubt wie Netanjahu nicht an Frieden mit den Palästinensern, dafür jedoch an Krieg gegen Teheran. Netanjahu hoffte, von Romney vier Jahre lang in Ruhe gelassen zu werden.
Doch damit bewies Netanjahu Kurzsichtigkeit. Jerusalem ist auf die USA als starken, unabhängigen Partner angewiesen. Nur dann kann Washington sich der gewaltigen Aufgabe stellen, den atomaren Bestrebungen des Irans entgegenzutreten. Obama scheint dafür die besseren Konzepte zu bieten. Und was seine Fehltritte in Nahost betrifft: Er hat aus ihnen gelernt, während Romney in dieser kritischen Zeit erst Erfahrungen sammeln müsste. So kann sich Israel im Gegensatz zu seinem Premier freuen, dass Obama die Wahlen gewonnen hat und nicht Netanjahus guter Freund Romney.