Die Grünen haben ihn zu ihrem Programm gemacht und die SPD ihre Zukunft in seine Hände gelegt: den Mitgliederentscheid. Einen solchen hat nun auch die Opposition in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin unternommen und mehr Antworten erhalten, als sie sich je hätte träumen lassen. 1904 Stimmberechtigte in der größten deutschen jüdischen Gemeinde sagten Ja zu Neuwahlen. Die Opposition begehrt auf. Kann sie sich aber auch in Zukunft auf eine breite Basis stützen? Das wird die Frage sein, denn eine Neuwahl herbeiführen ist die eine Sache – eine Regierung zu bilden und die Mängel zu beheben eine andere.
Wie den Berlinern wird es möglicherweise vielen Mitgliedern in anderen Gemeinden gehen. Ihren Unwillen bezeugen sie auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Das geht von persönlichen Diffamierungen bis zur Unterstellung von Untreue. Einmal sind die Briefwahlstimmen nicht richtig ausgezählt, werden Wahlgremien beanstandet, ein anderes Mal werden Entscheidungen immer wieder hinausgezögert. Viele, zu viele, Kontrahenten finden sich vor dem Schiedsgericht oder gar vor Zivilgerichten wieder. Wieder andere wenden sich gleich an die Presse, um diese zu instrumentalisieren.
konstruktiv Da ist eine Befragung der Basis bei gravierenden Meinungsverschiedenheiten sicherlich sinnvoller. Doch das Votum bringt auch Pflichten mit sich. Jetzt müssen auch diejenigen, die »dagegen« waren, konstruktiv arbeiten, mit anpacken, damit jahrelange Missstände behoben werden. Sie müssen den Beweis antreten, dass sie es besser können. So kann eine Befragung auch ein Wachrütteln sein, nicht nur alles hinzunehmen und zu glauben, man könne ohnehin nichts ändern.
Denn eines hat das Beispiel Berlin gezeigt: Wo ein Wille ist, ist ein Weg. Die Gemeinden haben sich stark verändert. Ein charismatischer Mann, eine willensstarke Frau an der Spitze, die nur repräsentiert und mit dem Ministerpräsidenten frühstückt, ist heute nicht genug.
Es darf nicht der Machthungrigste regieren, der sich Ansehen und Prestige von dem Amt erhofft und der seine Fans hinter sich schart, die alles, was er oder sie möchte, abnicken. Gefragt sind heute Vorstände, breit aufgestellt, kompetent in ihren Teilbereichen und teamfähig. In Berlin kann und muss jetzt die Basis beweisen, dass sie mitarbeitet. Die Unterschriftensammlung war daher ein guter Weg, Ressourcen zu mobilisieren.