An einer Straßenkreuzung am Berliner Adenauerplatz erklingen House-Beats. Sie kommen aus einem kleinen Lautsprecherwagen, der mit Transparenten behängt ist: »… nur Kommunismus ist schöner!«, steht neben einer Israelfahne. Und darunter heißt es: »Freiheit, Luxus, Sonnenbrand«.
Auf der anderen Seite des Platzes sind mehr Menschen, die Polizei spricht von 1.100 Teilnehmern an diesem Al-Quds-Tag. Al-Quds ist das arabische Wort für Jerusalem, seit 1996 wird so alljährlich auch in Berlin Propaganda für das iranische Regime gemacht. Viele Frauen sind in einen sogenannten Hijab gehüllt, der nicht nur den Kopf, sondern auch den Körper gänzlich bedeckt.
Israelflaggen Auf dem Teil des Platzes, von dem die House-Beats kommen, hängt ein Spruchband: »Nieder mit dem islamistischen Regime im Iran. Für die Freiheit. Für das Leben«. Hier sind es etwa 200 Menschen, überwiegend aus der linken Szene. Sie halten Israelflaggen in die Höhe.
Ein Redner des Al-Quds-Tages macht sich lustig über die »zionistischen Provokateure« auf der anderen Seite: »Die Regenbogenfahnen haben wohl mit ihrer sexuellen Orientierung zu tun.« Die Menge johlt. Dann wird der Redner ernst. »Ich bitte euch, friedlich und diszipliniert zu demonstrieren und Waffen bei der Polizei abzugeben«, sagt er und ermahnt: »Wir dürfen nicht ›Tod Israel‹ rufen. Die Medien haben wieder die Anweisung, negativ zu berichten.«
Durchsage Auf der Kundgebung sagt ein Redner: »Wir wissen ja, wen wir meinen«. Es ist nämlich von den »Bankern in New York, Frankfurt oder London« die Rede. Als sich der Zug der überwiegend arabischen Demonstranten in Bewegung setzt, gibt es wieder eine Durchsage. »Wir haben heute auch zwei orthodoxe Juden aus dem Ausland hier«, heißt es. »Wir bitten unsere orthodoxen Juden, uns heute voranzugehen.« Während des Zuges gibt ein Mann die Sprechchöre vor: »Bleibt nicht taub, bleibt nicht stumm / Israel bringt Kinder um.« Oder: »Stoppt den Mord, stoppt den Krieg – Palästina bis zum Sieg«.
Nach einer Stunde kommen die Marschierer am Joachimstaler Platz an. Auch hier warten etwa 200 Gegendemonstranten. »Free Gaza from Hamas« und »Lang lebe Israel« rufen sie den Ankommenden zu. Gideon Joffe ist da, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Seine Amtsvorgängerin Lala Süsskind kritisierte die »Schamlosigkeit« der Veranstalter des Al-Quds-Marschs: »Sie solidarisieren sich mit Regimen, denen Menschenleben nichts, Macht jedoch alles bedeutet.«
Levi Salomon ist Sprecher des Jüdischen Forums für Demokratie und gegen Antisemitismus, das mit zu der Gegendemonstration am Joachimstaler Platz aufgerufen hat. »Auf einmal kletterten etwa zehn junge Menschen auf einen Zaun, der uns von deren Demonstration trennte«, berichtet er. »Sie riefen ›Wir sind alle Hisbollah‹. Das war aggressiver als im letzten Jahr.«