»Dit is Berlin«: Senat und Tourismusverantwortliche der deutschen Hauptstadt freuen sich über neun Millionen Besucher, zweistellige Zuwachsraten, ein Drittel Gäste aus dem Ausland. Auch für viele Israelis ist die Spreemetropole beliebtes Reiseziel. Berlin ist Weltstadt. Aber auch das ist Berlin: Jeder vierte Einwohner hat inzwischen eine ablehnende bis negative Haltung gegenüber Ausländern.
Eine in der vergangenen Woche vorgestellte Studie des info-Marktforschungsinstituts belegt, dass im Bezirk Marzahn-Hellersdorf sogar fast die Hälfte der Bewohner Ressentiments gegen Zuwanderer hegt. Es heißt zwar, dass religiöse und kulturelle Vorbehalte gegenüber Migranten nur von einer Minderheit geteilt werden.
Bedrohung Aber dennoch ist der Anteil derer, die »am liebsten alle Ausländer aus dem Land werfen wollen« und die die islamische wie die jüdische Religion als Bedrohung der deutschen Kultur sehen, nach wie vor beängstigend hoch. Alarmierend auch: 20 Prozent der Befragten würden sich nicht davor scheuen, die eigene Kultur mit Gewalt zu verteidigen.
»Dit is Berlin«? Nein, insgesamt ist dies immer noch eine mehrheitlich tolerante Stadt, die Einwanderern vieler Kulturen aufgeschlossen gegenübersteht, betonen die Meinungsforscher. Doch um den Befund, dass sich die Stimmung verschlechtert hat, kommen sie nicht herum.
Experten, wie die langjährige Ausländerbeauftragte Barbara John, verweisen auf die schlechte wirtschaftliche Situation, in der sich viele Menschen befinden: Ein oder zwei Prozent Wirtschaftswachstum seien besser als 1.000 Integrationsprogramme, sagt John. Und hat damit recht.
tourismus Nur ist gerade der Tourismus eines der besten Wirtschaftsprogramme, eine der wenigen boomenden Branchen der Stadt. Das müssen nicht nur die viel gescholtenen Bewohner der Plattenbauten von Marzahn-Hellersdorf verstehen, auch die Menschen in den Szenebezirken Kreuzberg und Friedrichshain, die zunehmend durch »Touri-Feindlichkeit« auffallen.
Im kommenden Jahr wird Berlin 775 Jahre alt. Ein Grund, mal wieder auf die Geschichte zu blicken, die maßgeblich von Zuwanderern mitbestimmt wurde: damals Böhmen, Hugenotten oder Juden aus dem Osten, heute Türken und viele andere. Das darf nie vergessen werden. In der ganzen Stadt – von Adlershof bis Zehlendorf – braucht es Signale gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Kurzum: Eine andere Stimmung, »dit braucht Berlin«.