Mit demokratischen Prinzipien hatte es wenig zu tun, wie die Wahl in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gerade abgelaufen ist. Konkret: Bevor der Chef der Gemeinde, Gideon Joffe, es zugelassen hat, dass seine Mitglieder über eine weitere Amtszeit für ihn und sein Team abstimmten, hat er erst einmal etliche Konkurrenten disqualifizieren lassen.
Ein plötzlich neu eingeführtes Höchstalter für Kandidaten, ein Verbot, parallel für andere jüdische Organisationen wie etwa den Zentralrat tätig zu sein, und nicht zuletzt die seltsame Weigerung, die Wahlwerbung mancher Konkurrenten auch in russischer Sprache zu veröffentlichen: Die Ballung dieser Maßnahmen stinkt. Man muss das so deutlich sagen: Die Tricksereien, mit denen Gemeindechef Joffe sich gerade eine neue Amtszeit gesichert hat, geben seiner Regentschaft die Züge einer gelenkten Demokratie.
Anspruch Nun mag es in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin den einen oder anderen geben, der das mit einem gewissen Achselzucken quittiert. Devise: Na gut, dann ist das halt so. Na gut, dann war das halt undemokratisch. Aber es wäre falsch, so zu denken. Die jüdischen Gemeinden in Deutschland haben eine Satzung, sie haben einen Anspruch, den sie an sich selbst stellen. Diesen Anspruch stellen auch die staatlichen Institutionen der Bundesrepublik an sie. Das darf nicht egal sein.
Und es mag in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin auch den einen oder anderen geben, der achselzuckend sagt: Na gut, immerhin ist die inhaltliche Arbeit von Gideon Joffe so schlecht nicht. Was stört es da, wenn der Mann etwas von Machtpolitik versteht? Aber es wäre völlig falsch, so zu denken.
Stark ist, wer sich einem fairen Wettbewerb stellt. Berlin hat einen Gemeindechef, der dies nicht tut. Er ist schwach. Und jeder kann es sehen.
Der Autor ist Gemeindemitglied, Jurist und Redakteur der »Süddeutschen Zeitung«.