Meinung

Bericht aus einer Akademie

Rolf Hochhut Foto: imago

Am 5. Mai 2012 habe ich unter Protest meinen Austritt aus der Berliner Akademie der Künste erklärt. Am Tag zuvor hatte ich in der Sektion Literatur beantragt, der Vollversammlung der Akademie zu ersparen, »das Verbot« ihres ehemaligen Präsidenten Grass zu diskutieren, ein deutsches U-Boot an Israel zu verkaufen! Ich sprach aus der Angst, die sich vormittags dann leider als nur zu berechtigt erwies, diese Diskussion verlaufe einseitig zugunsten des Iran und der Palästinenser auf Kosten Israels.

Und ich erklärte, 2012 sei es der Akademie angemessen, an ihre vielen jüdischen Mitglieder zu erinnern, die vor 70 Jahren in ihre Vernichtung »abgefahren« wurden, wie das Heinrich Himmler vergnügt genannt hat. Keines dieser Akademiemitglieder hat überlebt. Als am Samstagmorgen erwartungsgemäß das »Gespräch« über das antisemitische Pamphlet des abwesenden »Kollegen« Grass derart ausartete – keiner der Anwesenden, der sprach, fand nicht »Gründe« zu Grass’ Gunsten, stets auf Kosten der Juden –, erlaubte ich mir drei Fragen:

SS-Mann Ist es, erstens, Zufall, dass ausgerechnet jener Deutsche, der 60 Jahre verschwieg, SS-Mann gewesen zu sein, den Israelis »untersagt«, ein deutsches U-Boot zu kaufen?
Muss, zweitens, ausgerechnet die Akademie, zehn Meter neben dem Holocaust-Mahnmal erbaut, als angeblich seriös einen Text diskutieren, den sehr gern – der 1946 in Nürnberg gehängte – Julius Streicher in seinem »Stürmer« gedruckt hätte? Und, drittens, warum keiner der hier in der Akademie Redenden auch nur erwähnt, dass der iranische Präsident ständig mit zwei »Argumenten« arbeitet: Einen Holocaust habe es nie gegeben, auf den sich Israel gründe; die Israelis müssten – so expressis verbis mehrmals von dem iranischen Präsidenten wiederholt – »vernichtet« werden.

Wie man mir wegen dieser drei Fragen ständig ins Wort fiel, ja dazwischenschrie, hat mich gezwungen, mein Verlassen der Akademie für immer zu erklären und – die Türe schlagend – fortzugehen. Ich entschuldige mich bei jenen meiner jahrzehntelangen Kollegen, die keine Antisemiten sind.

Der Autor ist Schriftsteller, sein bekanntestes Drama ist »Der Stellvertreter«.

Bundeswehr

Kamerad Rabbiner

Seit 2021 sind jüdische Seelsorger großflächig im Einsatz. Der Bedarf ist enorm, die Lage angespannt. Unterwegs mit den Militärrabbinern Oleg Portnoy und Nils Ederberg

von Helmut Kuhn  26.12.2024

Anschlag von Magdeburg

»Radikalisierung mit Extremismusbezügen nach rechts«

Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer verortet Tatverdächtigen im rechtsextremen Spektrum

 24.12.2024

Berlin-Schöneberg

Chanukka-Leuchter umgestoßen

Polizei: Zwei Arme der Chanukkia am Bayerischen Platz beschädigt – der Staatsschutz ermittelt

 24.12.2024

Taleb A.

Was über den Attentäter von Magdeburg bekannt ist

Er galt den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Islamkritiker, kämpfte für Frauenrechte und arbeitete als Arzt. Aber es gab auch eine andere Seite

 23.12.2024

Polen

Staatssekretär: »Würden Netanjahu bei Teilnahme an Auschwitz-Gedenkfeier verhaften«

Eine Auschwitz-Überlebende bringt wegen der polnischen Haltung einen Boykott der Gedenkfeier ins Spiel

 23.12.2024

Umfrage

Vertrauen in den Zentralrat der Juden vergleichsweise hoch

Laut einer Forsa-Umfrage ist das Vertrauen in den Zentralrat der Juden in Deutschland in der Gesellschaft höher als das in die Kirchen

 23.12.2024

Extremismus

Terrorexperte Peter Neumann fordert neue Täter-Kategorie

Nach dem Anschlag von Magdeburg: In Deutschland werde über Terroristen in allzu starren Kategorien gedacht

 23.12.2024

Gastkommentar

Antisemitismus: Lücken im Strafrecht schließen!

Im Kampf gegen Judenhass darf es nicht bei rechtlich unverbindlichen Appellen bleiben

von Volker Beck  23.12.2024

Brandenburg

Bürgermeister Arne Raue: Wechsel zur AfD vollzogen

Damit gibt es einen weiteren hauptamtlichen Bürgermeister der Rechtsaußen-Partei in Deutschland

 23.12.2024