USA

Barack Obama verliert Vertrauen in Joe Biden

Foto: dpa

Nur wenige Tage nach dem Attentat auf Donald Trump kocht die Debatte über die Eignung des US-Präsidenten Joe Biden als Präsidentschaftskandidat der Demokraten wieder hoch. Vor und hinter den Kulissen ist der 81-Jährige mit neuen Forderungen konfrontiert, sich aus dem Wahlkampf um eine zweite Amtszeit zurückzuziehen. Zu allem Überfluss infizierte sich der schwächelnde Präsident nach Angaben aus dem Weißen Haus noch mit dem Coronavirus. Seinen Wahlkampf musste der Demokrat vorerst abbrechen. Unterdessen demonstrieren die Republikaner auf ihrem Parteitag in Milwaukee Geschlossenheit. 

Biden hat bislang alle Rückzugsforderungen zurückgewiesen und klargemacht, dass er nicht vorhat, hinzuschmeißen. Der Demokrat steht wegen seines hohen Alters und Zweifeln an seiner geistigen Verfassung massiv unter Druck aus den eigenen Reihen. Nach dem Attentat auf den Republikaner Donald Trump bei einem Wahlkampfauftritt am Wochenende war die Debatte über Bidens Kandidatur kurzzeitig in den Hintergrund gerückt. Nun ist sie zurück. 

Nach mehreren anderen Parteikollegen rief der prominente demokratische Abgeordnete aus dem Repräsentantenhaus, Adam Schiff, den 81-Jährigen auf, aus dem Präsidentschaftsrennen auszusteigen. Die beiden Top-Demokraten im US-Kongress, Hakeem Jeffries und Chuck Schumer, warnten Biden übereinstimmenden Medienberichten zufolge davor, an seiner Präsidentschaftsbewerbung festzuhalten. 

Berichte: Zweifel auch bei Obama und Pelosi 

Hinter den Kulissen soll sich der »Washington Post« zufolge auch der frühere Präsident Barack Obama gegenüber Verbündeten skeptisch geäußert haben. Laut einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht soll der Demokrat vertrauten Personen gesagt haben, dass Bidens Chancen auf einen Wahlsieg stark gesunken seien und Biden sein Festhalten an der Kandidatur überdenken solle. 

CNN hatte zuvor berichtet, auch die Spitzenpolitikerin und enge Vertraute Bidens, Nancy Pelosi, habe dem Präsidenten in einem Gespräch gesagt, er könne Trump im Rennen ums Weiße Haus nicht schlagen. Sie hat sich öffentlich bislang aber nicht offen gegen ihn gestellt. Die »New York Times« schrieb unter Berufung auf informierte Kreise, Biden habe sich in den vergangenen Tagen offen für derartige Warnungen gezeigt habe und sich die Argumente angehört. 

Biden bricht Wahlkampf ab und isoliert sich 

Nach dem positiven Coronatest zog sich Biden am Mittwoch mit leichten Symptomen in sein Privathaus in Rehoboth im Bundesstaat Delaware zurück. Er war am Mittwoch in Las Vegas im Bundesstaat Nevada unterwegs gewesen, um vor allem bei der hispanischen Bevölkerung um Stimmen zu werben. Nach dem Positivtest fielen zwei Wahlkampfauftritte ins Wasser.

Sein Arzt teilte mit, Biden sei mit Atemwegsbeschwerden, einer laufenden Nase und Husten bei ihm vorstellig geworden. Er habe seine erste Dosis des Covid-Medikaments Paxlovid bekommen. Biden gehört wegen seines hohen Alters zur Risikogruppe. Er war zuletzt im Sommer vor zwei Jahren positiv auf das Virus getestet worden.

Prominente Rückzugsforderungen

Infolge des Trump-Attentats war es um Biden in den vergangenen Tagen etwas ruhiger geworden, bis am Mittwoch eine neue öffentliche Rückzugsforderung des Abgeordneten Schiff die Debatte neu befeuerte. Schiff, der sich um einen Posten im Senat bewirbt, erklärte, er habe ernsthafte Bedenken, ob Biden den Republikaner Trump im November besiegen könne. 

Biden habe große Erfolge zu verbuchen, aber es sei an der Zeit, den Weg für jemand anderen freizumachen. »Es steht einfach zu viel auf dem Spiel«, mahnte er. Schiff ist ein Vertrauter der früheren demokratischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Pelosi. Beide haben ihre Wahlkreise in Kalifornien, dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat. 

Berichte: Top-Demokraten im Kongress warnten Biden

Auch auf höchster Ebene bereitet Bidens Beharrlichkeit offenbar Sorgen. Sowohl Schumer, Mehrheitsführer im Senat, als auch Jeffries, Minderheitsführer im Repräsentantenhaus, hätten in der vergangenen Woche separat Gespräche mit Biden geführt und davor gewarnt, dass Bidens Festhalten an seiner Präsidentschaftsbewerbung dazu führen könne, dass die Demokraten die Kontrolle über beide Kongresskammern verlieren könnten, berichteten die »Washington Post« und ABC News. 

Neben dem Präsidentenamt werden bei der Wahl im November auch viele Sitze im Parlament neu vergeben. Das gesamte Repräsentantenhaus wird neu gewählt, im Senat steht ein Drittel der Sitze zur Wahl. Die Demokraten befürchten, dass die Republikaner nach der Wahl sowohl beide Kammern im Kongress als auch das Weiße Haus kontrollieren könnten. Etliche Parlamentarier haben Sorge, dass die fehlende Unterstützung für Biden auch sie die Wiederwahl kosten könnte. 

In einem am Mittwoch ausgestrahlten TV-Interview wurde Biden erneut danach gefragt, ob es irgendetwas gäbe, das ihn dazu bewegen könnte, seine Präsidentschaftsbewerbung aufzugeben. »Wenn ich ein medizinisches Problem hätte, das sich herausstellen würde, wenn jemand zu mir käme und sagte, Sie haben dieses oder jenes Problem«, antwortete Biden. 

Feierstimmung bei den Republikanern

Ganz anders als bei den Demokraten ist die Stimmung aktuell bei den Republikanern. Beim Parteitag in Milwaukee wurde Trump am Montag offiziell zum Präsidentschaftskandidaten der Partei gekürt. Seit Beginn des Spektakels in der riesigen Veranstaltungshalle läuft Trump dort jeden Abend unter dem Jubel seiner Parteikollegen auf. 

Seine erste große Bewährungsprobe hatte am Mittwochabend (Ortszeit) Trumps Vizekandidat J. D. Vance. Er stellte Trump in seiner Rede als Mann der Mäßigung dar, der nach dem Attentat zur Einheit aufgerufen habe. Gleichzeitig präsentierte sich der gefeierte Buchautor und studierte Jurist als Mann des Volkes. Der 39-Jährige versuchte in seiner Rede, besonders weiße Arbeiter in den sogenannten Swing States anzusprechen. 

Die Republikaner haben sich in den vergangenen Tagen in Milwaukee geeint präsentiert und zeigen sich mit Blick auf die Wahl im November geradezu überschwänglich optimistisch. dpa

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025

Berlinale

»Das verdient kein öffentliches Geld«

Der Berliner CDU-Fraktionschef Dirk Stettner hat seine Karte für die Abschlussgala zerrissen – und will die Förderung für das Filmfestival streichen

von Ayala Goldmann  21.02.2025

Demoskopie

Abstimmung gegen Antisemitismus?

So wahlentscheidend sind jüdische Themen

von Michael Thaidigsmann  20.02.2025

Berlin

KZ-Gedenkstätten: Wählen gehen für die Demokratie

Rutscht die Gesellschaft weiter nach Rechts? Die Arbeitsgemeinschaft der KZ-Gedenkstätten sieht die Bundestagswahl als Chance, diesen Trend zu stoppen

 20.02.2025

Igor Mitchnik

Europa muss sich hinter die Ukraine stellen

Trump denkt nicht transatlantisch, sondern transaktional

von Igor Mitchnik  20.02.2025

WHO

Polio-Impfkampagne im Gazastreifen geht weiter

Weil das Poliovirus wieder in Abwasserproben nachgewiesen wurde, sollen in Gaza erneut etliche Mädchen und Jungen gegen Kinderlähmung geimpft werden. Start der Kampagne ist bereits in wenigen Tagen.

 19.02.2025