Düsseldorf

Ausstellung erinnert an Deportation polnischer Juden

Blick in die Dauerausstellung der Mahn- und Gedenkstätte für die NS-Opfer, Düsseldorf Foto: dpa

Auf einer dunkelgrauen Tafel stehen in weißer Schrift 441 Namen. Die Namen von Männern, Frauen und Kindern, die in der Nacht vom 27. auf den 28. Oktober 1938 aus ihren Betten gezerrt, ins Düsseldorfer Polizeipräsidium gebracht und am nächsten Tag nach Bentschen an die deutsch-polnische Grenze verschleppt wurden.

Unter ihnen waren auch die polnischstämmigen Juden, Frieda und Simon Feiler, aus Düsseldorf. Sie wurden wegen diplomatischer Unstimmigkeiten zwischen dem polnischen Staat und dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland ins deutsch-polnische Grenzgebiet, das sogenannte Niemandsland, abgeschoben, da keines der beiden Länder für sie verantwortlich sein wollte. Mehr als 17.000 von den Nationalsozialisten als Ostjuden betitelte Menschen wurden in der sogenannten Polenaktion deportiert, darunter tausende Juden aus dem Rheinland, dem Ruhrgebiet und Westfalen.

Mehr als 17.000 polnischstämmige Juden wurden im Oktober 1938 von den Nazis an die deutsch-polnische Grenze verschleppt, darunter mehr als 400 Düsseldorfer.

Der Geschichte der Düsseldorfer Ostjuden widmet sich nun die Sonderausstellung »Im Niemandsland« der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf. Sie dokumentiert mit Bildern, Briefen, Karten und Grafiken die Deportation und den weiteren Lebensweg der verschleppten Menschen, beleuchtet aber auch die diplomatischen Hintergründe der Ereignisse. »Wir haben die Aufgabe, dieses relativ unbekannte Kapitel in der deutschen Geschichte vorzustellen und aufzubereiten«, sagte der Kurator Bastian Fleermann am Montag in Düsseldorf. Fleermann ist sich der tiefgreifenden Bedeutung der Geschehnisse bewusst: »Ohne Polenaktion hätte es den Novemberpogrom in dieser Art und Weise nicht gegeben.«

Das Ereignis sei ihnen bekannt gewesen, nicht aber die genaue Zahl der Düsseldorfer, die davon betroffen waren, ergänzt seine Kollegin Hildegard Jakobs. Bei ihren Recherchen fanden sie heraus, dass ein Fünftel der damaligen jüdischen Gemeinde in Düsseldorf polnischstämmig war. Viele der Verschleppten waren selbst aber noch nie in Polen gewesen oder hatten überhaupt erst durch ihre Heirat polnische Wurzeln. So auch Frieda Feiler, die einen polnischstämmigen Mann geheiratet hatte. »Diese Menschen sind aus dem Bett geholt worden und wussten zum Teil gar nicht warum«, so Jakobs.

Im Ausstellungsraum ist eine rote Linie an den Wänden entlang durch den ganzen Raum gezogen, sie dokumentiert den Zeitverlauf der Ereignisse. Auf ihr liegen insgesamt 9 Infotafeln, die unterschiedliche Aspekte des Geschehens behandeln. Es werden unter anderem die Verhaftung, die Deportation an sich und die Zeit an der deutsch-polnischen Grenze näher beleuchtet. Außerdem werden die politischen Hintergründe der Polenaktion und die Institutionen, die die Massenabschiebungen veranlasst und organisiert haben, betrachtet.

Die Tochter von Rolf Feiler, Yael Feiler, reiste zur Eröffnung der Sonderstellung am Montagabend an, um über die Bedeutung der Polenaktion für das Gedächtnis ihrer Familie zu sprechen.

Die letzte Infotafel stellt die einfache Frage: »Was wurde aus den Abgeschobenen?« Die Antwort ist genauso grausam wie ernüchternd. Mindestens 222 der Düsseldorfer Ostjuden wurden getötet, nur 119 überlebten den Holocaust und bei den übrigen hundert ist nichts über ihren Verbleib bekannt. Das Ehepaar Feiler konnte sich retten, sie flohen nach Warschau und emigrierten von dort nach Palästina. »Jedenfalls haben wir Glück«, schrieb Frieda Feiler am 12. November 1938 an ihren Sohn Rolf, der sich bereits wenige Stunden vor der Deportation seiner Eltern von Düsseldorf aus nach Palästina retten konnte.

Jahre später kehrte nun ein Mitglied der Familie Feiler nach Düsseldorf zurück: Die Tochter von Rolf Feiler, Yael Feiler, reiste zur Eröffnung der Sonderstellung am Montagabend an, um über die Bedeutung der Polenaktion für das Gedächtnis ihrer Familie zu sprechen. Sie fing erst 2010 an, Nachforschungen zur Geschichte ihrer Familie anzustellen. Mit ihrem Vater und ihrer Großmutter selbst hätte nur wenig Austausch zu diesem Thema stattgefunden, so Feiler.

Berlin

Angriff auf Lahav Shapira: Prozess beginnt

Die Staatsanwaltschaft geht von einer antisemitischen Motivation aus. Die Klage lautet auf gefährliche Körperverletzung

 08.04.2025 Aktualisiert

Meinung

Fehl am Platz

Omri Boehm hätte gar nicht erst als Redner zum Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald eingeladen werden dürfen. Was hat den Gedenkstättenleiter bloß dazu motiviert?

von Susanne Stephan  07.04.2025

Itzehoe

Frühere KZ-Sekretärin Irmgard F. ist tot

Als 96-Jährige kam Irmgard F. wegen Beihilfe zum Massenmord vor Gericht. Das Urteil des Landgerichts Itzehoe wurde im vergangenen Jahr rechtskräftig. Ihr Tod liegt schon einige Wochen zurück

 07.04.2025

Nordhausen

Nur noch ein Überlebender bei Gedenken zur Befreiung des KZ Mittelbau-Dora

Nur noch ein Überlebender ist bei der Gedenkfeier für die Befreiung des KZ Mittelbau-Dora anwesend. Die Rede hält die Enkelin eines früheren Häftlings, der 2022 in einem anderen Krieg starb

 07.04.2025

Cuxhaven

Zentralrat der Juden: Deichbrand-Festival für Juden kein sicherer Ort mehr

Als Grund gibt der Dachverband von jüdischen Gemeinden und Landesverbänden in Deutschland den geplanten Auftritt des US-Rappers Macklemore an

 07.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025

Frankreich

Französische Fahnder fassen drei Männer mit Anschlagsplänen

Die mutmaßlichen Terrorplaner sollen auch einen Ort der jüdischen Gemeinschaft ins Visier genommen haben

 07.04.2025

Neuerscheinung

»Aus den Fugen geraten«: Neues Buch zur Lage von Juden heute

Es geht um die Zeit vom 7. Oktober 2023 bis zum 27. Januar 2025: Wie der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, darauf blickt, zeigt jetzt ein Sammelband mit Reden, Beiträgen und Interviews von ihm

von Leticia Witte  07.04.2025

Verhandlungen

Endspurt bis zur schwarz-roten Koalition?

Gleichstand mit der AfD in einer Umfrage und Kritik, dass die SPD die Verhandlungen zu sehr dominiert – in der neuen Verhandlungswoche wächst der Druck auf die Union. Die Zeit drängt also

 07.04.2025