»Will dieses Volk (das Deutsche), jetzt etwa auch die ›Ungeimpften‹ aussondern, vertreiben und vernichten?«: Diese Zeilen fanden sich am Wochenende im Gästebuch der Berliner Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz.
Der Autor des Gästebucheintrags spielt offen auf die Schoa an. »Wenn ja: Dann habt Ihr alle nichts begriffen«, schreibt er weiter. Die letzte Zeile des Eintrags lautet: »Gott rette Deutschland! AMEN!«.
IGNORANZ Die Gedenk- und Bildungsstätte reagiert empört: »Solche Bagatellisierung, Relativierung und Verharmlosung verdeutlichen historische Ignoranz und Empathielosigkeit gegenüber den Verfolgten, Ermordeten und Überlebenden.«
»Das Haus der Wannsee-Konferenz eignet sich nicht als Ort deutscher Opfererzählungen«, betont die Gedenk- und Bildungsstätte. Sie lasse sich nicht für Verschwörungserzählungen von Impfgegnern und Querdenkern instrumentalisieren.« Teil von Verschwörungserzählungen seien immer auch antisemitische Projektionen und die Relativierung der Schoa.
Im Haus der Wannsee-Konferenz wurde zudem ein Sticker für die untersagte »Querdenken«-Demonstration in Berlin verteilt, die als »Großdemo für Frieden und Freiheit« angekündigt wurde. Auch im Gästebucheintrag vom Wochenende ist die Parole »Friede! Freiheit! Demokratie« zu lesen.
Am Wochenende hatten sich mehrere tausend Menschen über die Verbote von »Querdenken«-Demonstrationen hinweggesetzt.
Der Hintergrund: Am vergangenen Wochenende hatten sich mehrere tausend Menschen über die Verbote von Demonstrationen der »Querdenken«-Szene gegen die Corona-Schutzmaßnahmen hinweggesetzt. Die Polizei sprach von rund 5000 Beteiligten in verschiedenen Teilen der Stadt.
Es sei über den Tag hinweg gelungen, größere Menschenansammlungen immer wieder zu zerstreuen, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz am Sonntag in der RBB-»Abendschau«. Bis zum Abend habe es fast 600 Festnahmen gegeben.
VERFOLGUNG Im Haus der Wannsee-Konferenz besprachen am 20. Januar 1942 fünfzehn hochrangige Vertreter der SS, der NSDAP und mehrerer Reichsministerien die Kooperation bei der geplanten Deportation und Ermordung der europäischen Juden.
Die Gedenk- und Bildungsstätte bietet nach eigenen Angaben neben ihren Ausstellungen vielfältige pädagogische Möglichkeiten, sich mit der Geschichte der Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, mit der Geschichte des Nationalsozialismus, der Vorgeschichte oder den Nachwirkungen auseinanderzusetzen. ja/epd