Mit einem Ausschlussverfahren und deutlichen Worten haben CDU-Parteifunktionäre klar gemacht, dass sie auch dauerhaft Distanz zur AfD wahren wollen. »Die AfD ist durchtränkt von Rechtsextremisten«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), am Freitag im Deutschlandfunk. Die Menschen müssten wissen, dass es sich um eine gefährliche Partei handele, die keine Konzepte für die wirklichen Probleme des Landes habe.
Nach Bekanntwerden eines Treffens rechter Aktivisten und Extremisten in Potsdam leitete der nordrhein-westfälische CDU-Kreisverband Oberberg ein Parteiausschlussverfahren gegen ein Mitglied ein. Das bestätigte der Vorsitzende, Carsten Brodesser, der Deutschen Presse-Agentur.
Den Namen dürfe er aus parteirechtlichen Gründen nicht nennen, sagte der Bundestagsabgeordnete. Das CDU-Mitglied, das an dem Potsdamer Treffen teilgenommen haben solle, habe bis zur nächsten Vorstandssitzung des Kreisverbands am 26. Januar Zeit, sich zu äußern.
»Abstoßend und widerlich«
Die CDU reagiert damit auf einen Bericht des Medienhauses Correctiv über das Treffen im November in Potsdam. Zu den Teilnehmern zählten AfD-Politiker und mindestens ein CDU-Mitglied sowie Mitglieder der erzkonservativen Werteunion, die nicht zur CDU gehört, sich dieser aber lange verbunden fühlte.
Redner war bei dem Treffen der frühere Kopf der rechtsextremistischen Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner. Er sprach nach eigenen Angaben darüber, wie erreicht werden könnte, dass mehr Ausländer und Deutsche mit Migrationshintergrund Deutschland verlassen, und wie Menschen mit Einwanderungsgeschichte zur Assimilation gedrängt werden könnten.
»Die in den Berichten geschilderten Vorgänge sind abstoßend und widerlich«, sagte der Generalsekretär der NRW-CDU, Paul Ziemiak, der dpa. »Für die CDU Nordrhein-Westfalen ist klar: Wer das teilt oder unterstützt, verstößt erheblich gegen die Grundsätze unserer Partei.« Solches Gedankengut werde in der CDU nicht toleriert.
Freiwilliger Austritt
Nach dpa-Informationen ist eine weitere Frau aus NRW, die an dem Potsdamer Treffen teilgenommen haben soll, am Freitag aus der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) NRW ausgetreten - einer Parteigliederung der CDU.
MIT-Landesgeschäftsführer Stefan Simmnacher sagte der »Westdeutschen Allgemeinen Zeitung«, man habe Konsequenzen geprüft, das Thema habe sich aber durch den freiwilligen Austritt erledigt. Nach dpa-Informationen ist die Frau Stellvertreterin im Vorstand der Werteunion NRW und in der MIT - ohne Mitglied der Partei zu sein.
Für Kopfschütteln sorgte in der Berliner CDU, dass es in der Wohnung des früheren Berliner CDU-Finanzsenators Peter Kurth im Sommer ein Treffen unter anderem von radikalen Rechten gab. Dort stellte der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah sein Buch »Politik von rechts« vor, wie der »Spiegel« berichtet und der Deutschen Presse-Agentur bestätigt wurde. Dem Magazin zufolge gaben Teilnehmer an, dass bei der Veranstaltung auch Sellner anwesend war.
»Persönlich befreundet«
Sellner ließ eine »Spiegel«-Anfrage zu dem Treffen in Berlin unbeantwortet. Kurth schrieb dem »Spiegel«, nicht alle Teilnehmer der Veranstaltung in seiner Wohnung gekannt zu haben, aber »mit mehreren Mitgliedern der AfD persönlich befreundet« zu sein. Dem »Spiegel« liegt nach dessen Angaben außerdem eine Spendenquittung vor, der zufolge Kurth 2016 der AfD 450 Euro gezahlt hat.
Die Berliner CDU teilte auf Anfrage mit, Kurth sei im Herbst 2023 aus dem Landesverband ausgetreten. »Es ist erschreckend und traurig zugleich, welchen Pfad Peter Kurth eingeschlagen hat«, schrieb Berlins Regierender Bürgermeister und CDU-Landesvorsitzender Kai Wegner auf der Plattform X (ehemals Twitter). »Wer mit Neo-Nazis, Rechtsextremisten und anderen Menschenfeinden paktiert, hat in der CDU nichts zu suchen.«
Kurth war von 1999 bis 2001 Berliner Finanzsenator. Von 2001 bis 2006 saß er im Berliner Abgeordnetenhaus. 2009 scheiterte er als CDU-Kandidat bei der Wahl des Kölner Oberbürgermeisters. Ab 2008 leitete er den Entsorgungswirtschaftsverband BDE, Ende Januar sollte er planmäßig aus dem Amt des Verbandspräsidenten ausscheiden.
Am Freitagabend teilte der Verband mit, dass er sich mit sofortiger Wirkung von Kurth getrennt habe. »Rechtsextremismus, Rassismus oder Antisemitismus haben im BDE keinen Platz«, heißt es in der Mitteilung des BDE.