Meinung

Ausgrenzen und sich ausgegrenzt fühlen

Fabian Wolff Foto: Marco Limberg

Anmerkung der Redaktion (2. August 2023):

Als dieser Text von Fabian Wolff in der Jüdischen Allgemeinen erschien, glaubte die Redaktion Wolffs Auskunft, er sei Jude. Inzwischen hat sich Wolffs Behauptung als unwahr herausgestellt.

Helene Mayer war das einzige Mitglied jüdischer Herkunft der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1936. Erst die Zeitung des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens machte publik, dass die protestantisch getaufte Fechterin einen jüdischen Vater hatte.

Die Frage nach der Zugehörigkeit hat auch die 14. European Maccabi Games begleitet. Am Tag der Eröffnungsfeier in der Waldbühne herrschten auf Twitter und Facebook vages Unverständnis bis Ablehnung und Spott über die »jüdischen Sportspiele«. Schnell kamen antisemitische Witze: »Wer kann schneller den Zinseszins ausrechnen als Disziplin, oder was?«, schrieb ein Facebook-User – Shahak Shapira wird sich geärgert haben, dass ihm jemand den Gag geklaut hat. Ein laut Twitter-Bio »völkisch-national Gesinnter« witterte hinter der »Judeoolympiade« reinen »Antigoyanismus«.

tweets Am stärksten aber hallten zwei Tweets der Medienjournalistin Silke Burmester nach, die irritiert war, dass es die Spiele überhaupt gibt. »Haben Juden seit ’36 ein eigenes Olympia?«, fragte sie und setzte später nach: »›Der jüdische Sport ist in Berlin wieder angekommen‹, heißt es in ZDF heute. Was soll das sein? Hakenkreuzweitwurf?«

Das gab etwas Gegenwind – Leute warfen ihr Antisemitismus oder wenigstens platten Humor vor oder versuchten vereinzelt zu erklären, dass die Makkabi-Vereine eine Reaktion auf die systematische Ausgrenzung von Juden in vielen europäischen Ländern waren. Burmester verkündete, dass sie sich generell eine Welt »ohne Zuordnungen« wünscht. Damit hält sie sich wohl für fortschrittlich, hinkt aber mit ihrem Verständnis von Jüdischkeit dem Zeitgeist hinterher.

Die Maccabi Games lassen viele Auslegungen von jüdischer Identität zu, aber schon diese Pluralität überfordert viele Deutsche, wie Pluralität generell. Die Spiele stehen für Selbstbehauptung und Selbstverständlichkeit. Letztlich ist es ja völlig irrelevant, ob man die Plakatslogans für albern oder gewitzt hält und ob der eigene Triathlon eher aus »Wecker ausschalten – umdrehen – weiterschlafen« besteht. Sie sind für Juden ein Symbol und für Deutsche ein Test. Was jüdischer Sport ist, konnte man bei den 14. European Maccabi Games erleben, und was deutscher Sport ist, auch: ausgrenzen und sich gleichzeitig ausgegrenzt fühlen.

Der Autor ist freier Journalist in Berlin.

Berlin

Baerbock über Bibas-Familie: »Ihr Schmerz ist kaum zu ertragen«

Die Außenministerin kritisierte auch die Hamas dafür, die lebenden Geiseln vorzuführen

 22.02.2025

Deutschland

Kontrollverlust

Viele Menschen fühlen sich nicht mehr sicher. Die Politik muss nach der Wahl endlich handeln, fordert unser Autor Marcel Reif

von Marcel Reif  22.02.2025

Berlin

Berlinale gedenkt Opfers des Angriffs am Holocaust-Mahnmal

Am Vorabend wurde ein spanischer Tourist von einem syrischen Flüchtling, der Juden töten wollte, mit einem Messer angegriffen

 22.02.2025

Berlin

Polizei vereitelt mutmaßlichen Anschlagsplan auf israelische Botschaft

In der Potsdamer Wohnung des Tatverdächtigen fand die Polizei Sprengstoff

 22.02.2025

Berlin

Messerangriff am Holocaust-Mahnmal – Täter wollte Juden töten

Ein syrischer Flüchtling stach einem spanischen Touristen in den Hals. Der Zustand des Opfers soll stabil sein

von Birgit Zimmermann, Matthias Arnold  22.02.2025

USA

Hitlergruß: Nach Musk nun Bannon?

Steve Bannon, einst Chefideologe von Donald Trump, hat bei einer Rede vor rechten Aktivisten eine umstrittene Geste gezeigt

von Michael Thaidigsmann  21.02.2025

Berlin

»Welt«-Gruppe gedenkt der Bibas-Familie

»All jene, die in Deutschland den Islamismus verharmlosen oder relativieren, sollten in die Gesichter der Bibas Kinder sehen«, betont »Welt«-Chefredakteur Jan Philipp Burgard

 21.02.2025

Interview

Haben Sie genug für Israel und für Juden in Deutschland getan, Herr Bundeskanzler?

Olaf Scholz (SPD) über die deutsche Staatsräson, seine Grünen-Koalitionspartner und die Bilanz der Ampel-Regierung bei jüdischen Themen

von Mascha Malburg, Philipp Peyman Engel  21.02.2025

Katrin Richter

Demokratie statt Lethargie

Wer nicht wählt, muss mit dem leben, was dann dabei herauskommt

von Katrin Richter  21.02.2025