Einspruch

Aus der Mitte der Gesellschaft

Igor Matviyets Foto: Florian Korb

»Ich kann, ehrlich gesagt, nicht verstehen, warum Sie mit ihrer Familie hierbleiben.« Das sagte mir kürzlich eine Frau, als ich mich als Landtagskandidat vorstellte und wir auf den Anschlag von Halle zu sprechen kamen.

Mir fällt die Antwort darauf leicht, trotz Kloß im Hals: »Wir bleiben hier und sehen nicht tatenlos zu, dass Halle und ganz Sachsen-Anhalt für Minderheiten unbewohnbar werden. Denn dann haben die AfD und alle ihre offenen und versteckten Unterstützerinnen und Unterstützer auch ohne Regierungsverantwortung schon gewonnen.« Die Antwort überzeugte die Frau, aber sie sprach mir dennoch ihr Mitgefühl aus.

plakat Mein Wahlkreis umfasst das Synagogenviertel. Genau davor habe ich zwei Plakate von mir aufgehängt. Symbolisch finde ich diese Präsenz wichtig. Dann erreichte mich eine Nachricht, dass ein Plakat nahe der Synagoge mit Mist beschmiert worden sei. Mangels Foto wusste ich nicht, um welches Plakat es sich handelte. Als ich nachschaute, war ich erleichtert: Es war das Plakat ein paar 100 Meter weiter. Antisemitismus lässt sich aus bloßem Mist nicht herauslesen. Ich nahm die Sache mit Humor.

Dann meldete sich der Staatsschutz bei mir. Die Beamten seien im Bilde. Das alles bewirkt eine paradoxe Gefühlslage. Klar, die präventive Kontaktaufnahme durch die Sicherheitsorgane gibt Sicherheit; auch das Mitgefühl der Frau war ehrlich.

konsequenz Aber in der Konsequenz dominiert ein Gefühl: Meine Kandidatur ist nicht normal. Minderheiten in Sachsen-Anhalt sind in den öffentlichen Institutionen wie Verwaltungen, Polizei, aber auch in der Politik mangelhaft repräsentiert. Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni bin ich der einzige Kandidat, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist. Dabei stieg die Zahl antisemitischer und rechtsextremer Übergriffe in den letzten Jahren kontinuierlich.

Der Kampf gegen diese gefährlichen Entwicklungen muss offensichtlich aus der Mitte der Gesellschaft geführt werden. Bisher ist dies aber leider noch eine Baustelle.

Der Autor ist SPD-Politiker in Sachsen-Anhalt und kandidiert bei der Landtagswahl.

Washington D.C.

Netanjahu berät über Verhandlungen der Hamas

Die Verhandlungen über die zweite Phase des Geisel-Deals hätte schon am Montag beginnen sollen

 04.02.2025

Kommentar

Hoffen wir, dass Donald Trump einen Plan hat

Der US-Präsident hätte nichts dagegen, wenn Israel Teile des Westjordanlands annektieren würde. Was will er damit bezwecken?

von Nils Kottmann  04.02.2025

Interview

»Es wäre zu schwer, um es weiterhin an meiner Jacke zu tragen«

Der Schoa-Überlebende Albrecht Weinberg möchte sein Bundesverdienstkreuz zurückgeben - aus Protest gegenüber dem Antrag der Unionsfraktion zur Asylpolitik

von Christine Schmitt  04.02.2025

Kassel

Kunsthochschule zeigt Terror-verherrlichende Ausstellung

Die Hochschule bot einem Mann eine Plattform, der einen Hamas-Terroristen zum »Superhelden« erklärte. Jüdische Studenten sind entsetzt

von Imanuel Marcus  04.02.2025

Berlin

»Es gibt einen Judenhass, der uns alle tief beschämt und gegen den wir bisher viel zu zögerlich vorgegangen sind«

Wo bleibe der Aufstand der Anständigen bei dieser Ausprägung des Antisemitismus, fragt der CDU-Chef

 04.02.2025

Berlin

Merz schließt jede Zusammenarbeit mit AfD aus

Der CDU-Chef erneuert auf dem Wahlparteitag ein klares Versprechen

von Jörg Blank  04.02.2025

Meinung

Das erdrückende Schweigen der »Anständigen« beim Thema Antisemitismus

Hunderttausende demonstrieren gegen Rechtsextremismus und skandieren »Nie wieder ist jetzt«. Doch beim Antisemitismus sind sie erstaunlich still

von Ralf Balke  03.02.2025

TV-Kritik

»Diese ganze Holocaust-Anheftung an die AfD ist nervtötend«

AfD-Chefin Alice Weidel fiel bei »Caren Miosga« erneut mit fragwürdigen Aussagen zur NS-Zeit auf

von Michael Thaidigsmann  03.02.2025

Nach Interview-Eklat

»Schämen Sie sich!« - Ron Prosor kritisiert »Spiegel«

Der israelische Botschafter wirft dem Nachrichtenmagazin vor, es habe einem »von Selbsthass zerfressenen« Israeli die Bühne überlassen – und dies ausgerechnet am Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust

von Imanuel Marcus  03.02.2025