In großen Buchstaben: »Partner für den Frieden«. In kleinen: »Mit Hamas und Fatah reden«. So steht es im Programm einer Tagung, die Mitte Juni in der Evangelischen Akademie Bad Boll in Baden-Württemberg stattfindet. Doch der Friedenspartner von der Hamas, Gazas Gesundheitsminister Basem Naim, der für zwei Programmpunkte gebucht ist, wird nicht kommen: Die deutschen Behörden verweigern ihm die Einreise, denn die Hamas wird von der EU als terroristische Organisation eingestuft. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung zieht sich zurück: Veranstaltungen mit Hamas-Vertretern würden nicht gefördert. Nun muss Naims Vortrag »Pläne und Ideen für das Miteinander aus der Sicht der Hamas« ausfallen. »Das ist schade«, sagt Wiltrud Rösch-Metzler, Vizepräsidentin der katholischen Friedensbewegung Pax Christi. »Wir hätten gerne alle Referenten da gehabt.« Rösch-Metzler gehört zur Tagungsleitung, und Pax Christi ist Mitorganisator des umstrittenen Treffens.
guter ruf Außer Basem Naim, dem Fatah-Vertreter Abdallah Frangi und dem linken Israeli Avraham Burg sind auch drei Bundestagsabgeordnete zur Diskussion eingeladen: Michael Hennrich (CDU), Rainer Arnold (SPD) und Harald Leibrecht (FDP). »Ich habe ja nicht das Gespräch mit der Hamas gesucht«, sagt Hennrich, aber da die Akademie Bad Boll einen ausgezeichneten Ruf genieße, habe er zugesagt. Leibrecht erklärt, »nur über den Dialog« seien Fortschritte zu erzielen. Und Arnold nennt die Hamas eine Tatsache: »Man muss mit ihr reden.« Kontrovers müsse aber der Dialog schon geführt werden, da sind sich die Abgeordneten einig.
Johannes Gerster sieht das anders: »Hoffähig« werde die Hamas so gemacht, klagt der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Die Akademie kontert, Gerster selbst hätte doch vor zwei Jahren gefordert, man müsse mit pragmatischen Hamas-Vertretern sprechen. So einer sei Naim, betont Tagungsleiterin Rösch-Metzler: »Er hält sich zu Geheimgesprächen bereit.« Gerster antwortet, ja, auch er habe mit der Hamas gesprochen, aber ihr doch kein Forum geboten. Auch der CDU-Politiker Ruprecht Polenz sagte der Zeitung Die Welt, es gäbe einen Unterschied zwischen einem vertraulichen Sondierungsgespräch und einer öffentlichen Veranstaltung. »Wenn man mit jemandem Sondierungsgespräche führt und gleichzeitig auch in den Köpfen der Menschen etwas erreichen will«, antwortet Arnold, »dann muss man Transparenz herstellen«. Daher weist er Kritik an seiner Teilnahme zurück.
kampagne Akademie-Chef Joachim Beck wird in der Stuttgarter Zeitung zitiert, es laufe eine »regelrechte Kampagne gegen uns«. Dabei mache man sich doch »keine der debattierten Positionen« zu eigen, heißt es in einer offiziellen Stellungnahme. Es sei besser, die Akteure »direkt zu befragen, als sich aus zweiter Hand zu informieren«. Pax Christi glaubt, hier würde über »die Positionen von Fatah und Hamas und ihre Vorstellungen zu einer Konfliktlösung« debattiert. »Was tragen denn die, die uns Naivität vorwerfen, zur Lösung des Konflikts bei?«, fragt Rösch-Metzler. »Diese Kritik ist perspektivlos.« Für Perspektiven sollen auf der Tagung Arbeitsgruppen sorgen: »Blockade beenden: Ein Schiff nach Gaza« heißt eine, »Wenn Firmen an völkerrechtswidrigen Siedlungen verdienen« eine andere.
Schon vor zwei Jahren wurde in Bad Boll über die Perspektiven des Nahen Ostens diskutiert. »Nicht die Akademie, aber ein Teil der Zuhörer war auf einem Auge blind«, erinnert sich der SPD-Politiker Arnold, und meint damit auch Pax Christi. »Die hatten eine Tafel aufgehängt: ›Was erwarten wir von den Konfliktparteien?‹. Auf der Seite der Israelis wurde ganz viel aufgeschrieben, auf der palästinensischen Seite so gut wie nichts.«