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Es war ein historischer Moment, als vor zehn Jahren, am 27. Januar 2003, Bundeskanzler Gerhard Schröder und Zentralratspräsident Paul Spiegel im Berliner Kanzleramt ihre Unterschriften unter den Staatsvertrag setzten. Fast 60 Jahre nach der Schoa wurde damit erstmals das Verhältnis zwischen der Bundesregierung und dem jüdischen Dachverband auf eine staatrechtliche Basis gestellt.

Spiegel, der jahrelang dafür geworben und gekämpft hatte, sagte später, er habe den Vertrag mit zittrigen Händen unterschrieben. Der Vertragsabschluss sei »ein großer Vertrauensbeweis« der in Deutschland lebenden Juden in die Gesellschaft und Demokratie. Schröder sagte in einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen, dass sich die Bundesregierung dieses Vertrauens wohl bewusst sei. Er habe bei der Unterzeichnung Freude und Dankbarkeit empfunden, so der Kanzler. Dankbarkeit dafür, dass es gelungen sei, »die gewachsene Zusammenarbeit auf eine für die Zukunft fruchtbare und solide, und wenn Sie so wollen, sichtbare Grundlage zu stellen«.

Verantwortung Beide Seiten hatten das Datum mit Bedacht gewählt. An diesem 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz, gedachte der Bundestag der Opfer des Nationalsozialismus. In der Präambel des Staatsvertrages wurde denn auch festgeschrieben, dass die Vereinbarung im Bewusstsein der besonderen geschichtlichen Verantwortung des deutschen Volkes für das jüdische Leben in Deutschland geschlossen werde, »angesichts des unermesslichen Leids, dass die jüdische Bevölkerung in den Jahren 1933 bis 1945 erdulden musste«.

Man sei vom Wunsch geleitet, den Wiederaufbau des jüdischen Lebens in Deutschland zu fördern.
Der Staatsvertrag sei, betonte Spiegel damals, primär keine Vereinbarung über finanzielle Mittel, sondern vielmehr eine Vereinbarung über die ideelle Unterstützung und vor allem über die Anerkennung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland als gleichberechtigte Religionsgemeinschaft neben den christlichen Kirchen. Die Frage der finanziellen Unterstützung war dennoch klar geregelt: drei Millionen Euro als jährliche Staatsleistung. Eine Vereinbarung »auf der Grundlage der derzeitigen Verhältnisse«.

neuer vertrag Seitdem ist die jüdische Gemeinschaft in der Bundesrepublik weiter gewachsen – und damit auch die Anforderungen beispielsweise bei der Integration der russischsprachigen Zuwanderer, der Ausbildung von Rabbinern und Kantoren und bei der Jugendarbeit. Vor diesem Hintergrund wurde die staatliche Finanzhilfe 2009 von drei auf fünf Millionen Euro im Jahr erhöht. Zentralratspräsident Dieter Graumann, der bereits in seiner Funktion als Vizepräsident diese Anpassung erreichte, konnte im vergangenen Jahr den »größten Verhandlungserfolg in der Geschichte des Zentralrats« verkünden. Nach dem neuen Staatsvertrag wird die Arbeit des Zentralrats seit 2012 mit zehn Millionen Euro jährlich unterstützt.

»Der Zentralrat«, konstatiert Graumann, »entwickelt sich zu einem jüdischen Kompetenzzentrum, das sowohl in der jüdischen Gemeinschaft als auch in der deutschen Gesellschaft eine immer wichtigere Rolle spielt. Der neue Staatsvertrag zeigt, dass auch die Bundesregierung diese unsere Rolle positiv bewertet.« Die Grundlage dafür wurde vor zehn Jahren gelegt.

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