In Israel überwiegen Scham und Empörung über die Tat, an deren Urheberschaft es keinen Zweifel mehr gibt: Jüdische Extremisten haben einen 16-jährigen Palästinenser umgebracht. Aus Rache für den Mord an drei israelischen Jugendlichen.
Aber dies war keine Rache. Die kann man nur üben an jemanden, der schuldig ist, und der getötete Junge war so wenig schuldig wie die ermordeten Schüler. Die Tat ist durch nichts zu rechtfertigen. Doch es fällt auf, dass in der jüdischen Welt außerhalb Israels und in der proisraelischen Community oft mit Vergleichen operiert wird: Die meisten Israelis verurteilen solche Gräueltaten, so wird gerne argumentiert, während Judenmörder und Terroristen von Palästinensern oft gefeiert und belohnt werden.
vergleiche Dieser Gedanke ist faktisch nicht falsch, und doch enthält er etwas, das die israelische Gesellschaft zu sehr entlastet: Der Maßstab darf nicht sein, ob man sich besser als die Nachbarn verhält. Man muss mit sich selbst im Reinen sein. Der Mord, über den wir sprechen, darf nicht relativiert werden. In der Diaspora wollen viele Israel verteidigen und neigen dazu, Schlimmes kleinzureden. Das ist verständlich, aber falsch. Wenn wir nicht konsequent Einhalt gebieten, kann der jüdische Terrorismus weiter Wurzeln schlagen. Es wäre der Beginn vom Ende des jüdischen Staates, wie wir ihn uns vorstellen.
Am Abend vor dem Mord skandierten Hunderte Jugendliche in Jerusalem »Tod den Arabern«. Gegen diese Volksverhetzung hätte sofort eingeschritten werden müssen – vom Staat, aber auch von den Passanten. Was sich hier zeigt, ist Hass; was die Mörder getan haben, ist schlicht ein rassistisches Hassverbrechen, getrieben von der ungeheuerlichen Idee, das Blut eines Arabers sei weniger wert als das eines Juden.
Gewiss, es gibt in Israel keine Massenbewegung, die solch unsägliches Gedankengut verbreitet oder gar Gewalttaten verübt. Aber es gibt eine kleine Bewegung, die das tut. Damit sie nicht größer wird, müssen wir handeln.
Der Autor ist Korrespondent der Onlinezeitung The Times of Israel.