Rund neun Monate nach dem antisemitischen Anschlag mit zwei Toten in Halle muss sich von Dienstag an der Attentäter Stephan B. vor Gericht verantworten.
Die Anklage der Bundesanwaltschaft wirft dem 28-Jährigen Mord in zwei Fällen und versuchten Mord von insgesamt 68 Menschen vor. Weitere Anklagepunkte lasten ihm gefährliche Körperverletzung, versuchte räuberische Erpressung mit Todesfolge, besonders schwere räuberische Erpressung, Volksverhetzung und fahrlässige Körperverletzung an.
hauptverhandlung Die Hauptverhandlung des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht Naumburg findet aus Platzgründen am Magdeburger Landgericht statt. Es wurden 40 Nebenkläger zugelassen. Zu strengen Sicherheitsvorkehrungen kommen Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. So ist unter anderem das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorgeschrieben.
Stephan B. soll aus einer antisemitischen, rassistischen und fremdenfeindlichen Motivation heraus einen Mordanschlag auf Juden in der Synagoge in Halle geplant haben.
Er versuchte am 9. Oktober 2019, mit Sprengsätzen und Schusswaffen in die abgeschlossene Synagoge zu gelangen, in der sich zum höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur 52 Gläubige aufhielten. B. scheiterte aber an der Tür. Im Anschluss erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin und in einem Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Mann. Der Angeklagte filmte seine Tat und verbreitete die Aufnahmen per Live-Stream im Internet.
erklärung Vor Prozessbeginn veröffentlichten zahlreiche Nebenklagevertreter am Montag eine gemeinsame Erklärung und forderten, dass der Prozess dazu dient, den Mythos des »isolierten Einzeltäters« aufzudecken und eine verantwortungsvolle Politik zur Bekämpfung der zunehmenden Online-Radikalisierung zu entwickeln. »Täter wie der Angeklagte brauchen keine physischen Gemeinschaften mehr, um von Gleichgesinnten Ermutigung und Unterstützung zu erhalten«, heißt es in der Erklärung.
Der Autor Ronen Steinke (»Terror gegen Juden«) sprach sich für einen besseren Schutz jüdischer Einrichtungen in Deutschland aus.
Selbst wenn sich Juden bei einer konkreten Bedrohung an die Polizei wendeten, bedeute dies nicht, dass ein offizielles Schutzkonzept erarbeitet werde, sagte der Jurist und Redakteur der »Süddeutschen Zeitung« in München. Mit Blick auf den Prozess sagte Steinke dem Evangelischen Pressedienst (epd): »Ich bin neugierig, wie man mit den Opfern umgehen wird. Bleiben sie Zaungäste oder werden sie zu richtigen Beteiligten, denen man zuhört?« epd