Vertreter der Großen Koalition haben den fraktionsübergreifenden Oppositionsantrag für eine Verbesserung der Renten jüdischer Kontingentflüchtlinge abgelehnt. Bei diesem komplexen Thema gebe es keine einfache Antwort, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundessozialministerium, Kerstin Griese (SPD), am Donnerstag im Bundestag in Berlin.
Bei Gesprächen in der Vergangenheit sei immer wieder klargeworden, dass eine rentenrechtliche Lösung nicht der richtige Weg sei. Griese lehnte damit den Vorschlag ab, für jüdische Kontingentflüchtlinge, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland kamen, das Fremdrentengesetz anzuwenden.
Eine rentenrechtliche Lösung sei nicht der richtige Weg, sagt die SPD-Politikerin Kerstin Griese.
HERKUNFTSLÄNDER Damit würden ihre Arbeitsjahre in den Herkunftsländern bei der Berechnung der Rente mit herangezogen. Anders als bei Spätaussiedlern, für die das Gesetz gilt, ist das bei den jüdischen Zuwanderern nicht der Fall. Da die meisten von ihnen bei der Einwanderung bereits im hohen Alter waren und kaum Rentenpunkte in Deutschland sammeln konnten, leben sie trotz langjähriger Berufstätigkeit im Heimatland deswegen in der Regel von staatlichen Leistungen wie der Grundsicherung im Alter.
Grüne, Linke und FDP hatten am Mittwoch ihren Antrag für eine Verbesserung der Alterssicherung dieser Gruppe vorgelegt. Er schlägt als eine Option vor, auch für jüdische Zuwanderer das Fremdrentengesetz anzuwenden. Dafür plädieren Grüne und Linke.
Eine andere Möglichkeit ist ein Fonds, für den die FDP argumentiert und den die Große Koalition für Härtefalle im Rentenüberleitungsgesetz angekündigt hat.
»Der Antrag ist eine Frage der Gerechtigkeit«, betonte der Zentralrat der Juden vor der Sitzung im Bundestag.
ZENTRALRAT Der Zentralrat der Juden hatte den gemeinsamen Antrag von FDP, Linken und Grünen zur Verbesserung der Alterssicherung jüdischer Kontingentflüchtlinge begrüßt. »Dieser Antrag hat unsere volle Unterstützung«, betonte Josef Schuster am Donnerstag.
»Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass auch in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion geleistete Arbeitsjahre jüdischer Zuwanderer analog zu Spätaussiedlern anerkannt und damit die erbrachte Lebensleistung in ihrer Gesamtheit gewürdigt und rentenrechtlich angerechnet werden«, so Schuster weiter.
Das habe mit Respekt und Wertschätzung zu tun und sollte gerade in Deutschland eine Selbstverständlichkeit sein. »Es ist sehr erfreulich, dass sich neben den Ländern jetzt auch Grüne, Linke und FDP gemeinsam für eine Besserstellung der jüdischen Zuwanderer in der Rente einsetzen«, so Schuster.
Auch die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland hatte den Antrag begrüßt. ZWST-Präsident Abraham Lehrer betonte: »Die ZWST unterstützt den Antrag ausdrücklich. Ziel ist die Verbesserung der sozialen Lage jüdischer Zuwanderer. Benötigt wird eine Lösung, welche die Lebensleistung der Zuwanderer und die historische Verantwortung für die Wiederherstellung jüdischen Lebens in Deutschland berücksichtigt. Der Antrag beinhaltet konkrete Handlungsoptionen für die Regierung.«
LÖSUNG Griese sagte, am Fonds werde derzeit gearbeitet. Ein Abschluss der Gespräche zwischen Bund und Ländern werde bis Jahresende angestrebt. Danach soll nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums auch geprüft werden, ob der Fonds für die Kontingentflüchtlinge gelten soll. FDP, Grüne und Linke fordern dagegen mehr Tempo, weil die Betroffenen in der Regel bereits sehr alt sind. Sie befürworten eine Lösung noch in diesem Jahr.
Ein Abschluss der Gespräche zwischen Bund und Ländern werde bis Jahresende angestrebt.
Als dritte Option verweist der Antrag auf den Abschluss von Sozialversicherungsabkommen mit den Herkunftsländern, um dortige Arbeitszeiten auszugleichen. Griese sagte, mit den heutigen EU-Ländern sei das gelungen, mit Russland allerdings trotz vieler Gespräche nicht.
Der CSU-Abgeordnete Max Straubinger lehnte den Antrag der Opposition ebenfalls ab. Es gebe Instrumente, sagte er und verwies unter anderem auf die Möglichkeit für Entschädigungsleistungen für NS-Verfolgte. epd/ja