Sachsen-Anhalt

»Das schürt tatsächlich Antisemitismus«

Holger Stahlknecht (CDU), Innenminister von Sachsen-Anhalt, besucht den Tatort an der Synagoge Halle Foto: dpa

Für seine umstrittenen Äußerungen zum Polizeischutz für jüdische Einrichtungen wird Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) jetzt auch vom Antisemitismusbeauftragten des Bundes kritisiert.

Juden als privilegierte Menschen hinzustellen, für die Maßnahmen auf Kosten der Allgemeinheit ergriffen würden, schüre tatsächlich Antisemitismus, sagte Felix Klein in einem Interview der Tageszeitung »taz« (Freitag) anlässlich des ersten Jahrestags des Anschlags von Halle. »Leider brauchen jüdische Gemeinden eine erhöhte Sicherheit, aber das liegt doch nicht an den Juden, sondern an der Bedrohung gegen sie.«

In einem Bericht der »Mitteldeutschen Zeitung« war der Minister nach einem Besuch in einem Polizeirevier damit zitiert worden, dass die Einsatzstunden zum Schutz jüdischer Einrichtungen an anderer Stelle fehlten. Seit Anfang der Woche reißt die Kritik nicht ab.

Zuvor hatte auch der Zentralrat der Juden Sachsen-Anhalts Innenminister des Antisemitismus beschuldigt.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hatte Stahlknecht Anfang der Woche massiv kritisiert und dessen Eignung für das Amt angezweifelt. Grund waren Stahlknechts jüngste Äußerungen über die Bewachung jüdischer Einrichtungen und dabei angeblich entstehende personelle Engpässe bei der Polizei.

«Mit seinen Äußerungen suggeriert Minister Stahlknecht, Juden seien schuld daran, wenn sich die Polizei um die Belange der übrigen Bevölkerung nicht mehr angemessen kümmern könne», sagte Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland und fügte hinzu: «Ein Landesinnenminister scheut sich nicht, Juden als privilegiert darzustellen und sie gegen andere Bevölkerungsgruppen auszuspielen. Damit befördert er Antisemitismus. Das ist ein Armutszeugnis.»

Stahlknecht fühlt sich missverstanden: »Wenn das missverstanden worden ist, tut es mir leid.«

Eine solche Einstellung mache den Zentralrat nach dem Anschlag von Halle und dem jüngsten antisemitischen Angriff in Hamburg «fassungslos», so Schuster weiter: «Es stellt sich die Frage, ob Holger Stahlknecht weiter für das Amt des Innenministers geeignet ist.»

Stahlknecht fühlt sich missverstanden. Er habe bei dem Besuch klar gemacht, dass der Schutz jüdischer Einrichtungen für ihn nicht verhandelbar sei und höchste Priorität habe. Damit habe er um Verständnis bei den Bürgerinnen und Bürgern werben wollen. »Wenn das missverstanden worden ist, tut es mir leid.«

Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwer bewaffneter Mann erst die Synagoge in Halle, dann einen nahen Dönerimbiss angegriffen. Er erschoss zwei Menschen und verletzte weitere, bis er gefasst wurde. Schon damals hatten Kritiker moniert, dass vor der Synagoge am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur kein Streifenwagen postiert war, sondern nur unregelmäßig eine Streife vorbeifuhr. Nach dem Anschlag hatte Stahlknecht Rundumüberwachung für jüdische Einrichtungen angeordnet. dpa

Porträt

Der Sinneswandler

Derviş Hizarcı ist Muslim und kämpft gegen Judenhass in der Community. Eine Begegnung in Berlin

von Canan Topçu  14.12.2024

Weiden

Muslimischer Prediger rief zur Tötung von Juden auf – Bewährungsstrafe

Neben der Freiheitsstrafe auf Bewährung wurde dem Mann eine Geldstrafe auferlegt

 13.12.2024

Israel

TV-Bericht: Netanjahu wurde vor dem 7. Oktober von zwei Seiten vor Angriff gewarnt

Im Krankenhaus soll der Ministerpräsident auf die Bedrohung angesprochen worden sein. Sein Büro spricht von »Verleumdung und Lügen«

 13.12.2024

Nahost

Acht Hamas-Mitglieder in Gaza getötet

Zu den Terroristen gehört ein Mann, der am Massaker vom 7. Oktober 2023 in Israel beteiligt war

 13.12.2024

Berlin/Jerusalem/Tel Aviv

60 Jahre diplomatische Beziehungen: Deutsch-israelischer Buchmesse-Pavillion abgesagt

Regierungsbeamte in Israel sind enttäuscht. Die Bundesregierung sieht die Sache anders

 13.12.2024 Aktualisiert

Meinung

Wenn Social Media zur Gefahr für die Demokratie wird

Politik und Plattformbetreiber müssen konsequent gegen Desinformation und Hetze vorgehen

von Anna Staroselski  12.12.2024

Berlin

Roth: Israelische Angriffe auf syrische Waffenlager verständlich

Israels Luftwaffe bombardiert seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad massiv militärische Einrichtungen in Syrien. Der SPD-Politiker zeigt dafür zum Teil Verständnis

 12.12.2024

Nach Eklat

Vatikan entfernt Jesus-Kind mit Keffiyeh

Nach tagelanger Kritik hat die katholische Kirche nun reagiert, auch wenn sie sich öffentlich nicht äußert

von Nils Kottmann  12.12.2024

Baden-Württemberg

Nach antisemitischen Anfeindungen: Innenminister will Pfarrer schützen

Ein evangelischer Pastor in Langenau bei Ulm wird seit Monaten wegen seiner Kritik an den Hamas-Massakern angefeindet

 12.12.2024