Antisemitismus in Sachsen-Anhalt
Nicht erst seit dem rechtsextremen Terroranschlag in Halle im Oktober 2019 ist Antisemitismus für Juden in Sachsen-Anhalt alltagsprägend. Das geht aus einer Befragung jüdischer Gemeinden hervor, die der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Bundesverband RIAS) am Montag vorstellte. In der Studie mit dem Titel »Problembeschreibung: Antisemitismus in Sachsen-Anhalt« gaben die Befragten an, dass subtile und unterschwellige Formen von Antisemitismus mit Bezug zur Schoa oder zu Israel ihren Alltag prägen würden. Die Bereitschaft, antisemitische Erfahrungen anzuzeigen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen zu melden, wird von den Befragten als niedrig angegeben. Aufgrund des Terroranschlags im Oktober in Halle ergeben sich neue Herausforderungen für die jüdischen Gemeinden, wie eine schriftliche Nachbefragung offenbarte. Für den Zeitraum 2014 bis 2018 wertete der Bundesverband RIAS zudem 334 antisemitische Vorfälle aus, von verbalen und schriftlichen Anfeindungen über Bedrohungen und gezielte Sachbeschädigungen bis hin zu körperlichen Angriffen, von denen 270 auch polizeilich registriert wurden. In 63 Prozent der 334 strafbaren und nichtstrafbaren Vorfälle wurde die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen angegriffen oder ein positiver Bezug zum Nationalsozialismus festgestellt. Die »Problembeschreibung« mündet in die Empfehlung, auch in Sachsen-Anhalt eine zivilgesellschaftliche Meldestelle für antisemitische Vorfälle und damit eine leichtere Erreichbarkeit für Betroffene einzurichten. ja
Zoom-Störungen durch Nazis
Mit Nicknames wie »Hitler« oder auf den Bildschirm gezeichneten Hakenkreuzen haben Rechtsextremisten in den vergangenen Tagen mindestens vier Gebete und Torastunden gestört, die von Rabbinern in Deutschland per Zoom abgehalten wurden. Rund um den 20. April, den Jahrestag des Geburtstags von Adolf Hitler, drangen die Täter in Online-Veranstaltungen der orthodoxen Rabbiner Avichai Apel und Raphael Evers ein. In Frankfurt war eine Gruppe von etwa 15-jährigen Mädchen aus ganz Deutschland betroffen, die gemeinsam online Tora lernten. »Sie haben die Kontrolle über das Meeting übernommen. Sie schrien ›Jude, Jude‹, gleichzeitig zeichneten sie Hakenkreuze auf den Bildschirm«, sagte Rabbiner Apel der Jüdischen Allgemeinen. Er habe das Meeting sofort beendet. Ähnliches berichtete der Düsseldorfer Gemeinderabbiner Raphael Evers. »Wir hatten am Sonntagabend einen Schiur auf Zoom. Etwa zehn Leute haben daran teilgenommen, die meisten von ihnen Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf.« Um 21 Uhr 35 kam ein neuer Teilnehmer dazu. »Der Bildschirm teilte sich, und der Mann schrieb darauf: ›Heil Hitler‹ und ›Hitler did nothing wrong‹. Zum Schluss wurden auch pornografische Bilder gezeigt.« Er sei vollkommen geschockt gewesen, sagte Rabbiner Evers. »Ich konnte einfach nicht glauben, dass das passiert. Ich war wie gelähmt. Ich wollte das Meeting beenden, aber es dauerte eine Minute, bis ich den Aus-Knopf gefunden hatte.« Er werde jetzt keine IDs mehr für Zoom-Meetings veröffentlichen. »Wir müssen jetzt alle Teilnehmer vorab kontrollieren«, so Evers. In den vergangenen Wochen ist es laut der amerikanischen Anti-Defamation League häufiger zu ähnlichen Störaktionen (»Zoom-Bombing«) rechtsextremer Aktivisten gekommen. ja
Studie zu Juden in der AfD
Eine Studie des Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrums zu »Juden in der AfD« (JAfD) kommt zu dem Schluss, dass beim Bemühen der AfD, rassistische, radikalnationalistische, antisemitische und islamfeindliche Positionen und Parolen wieder »sagbar« zu machen, den »Juden in der AfD« eine gewisse Rolle zukomme. »Die JAfD dienen in allererster Linie dem Parteivorstand bei seinem Bestreben, die AfD als nicht rechtsextrem und nicht antisemitisch darzustellen, ohne am politischen Kurs und der personellen Zusammensetzung der Partei substanziell etwas zu ändern«, schreibt Gideon Botsch, Leiter der mit der Studie betrauten Forschungsstelle. Eine wesentliche Funktion der JAfD bestehe darin, jüdische und israelische Kritiker der AfD zu delegitimieren, indem ihnen abgesprochen werde, für das Judentum oder für Israel sprechen zu dürfen. ja