2249 antisemitische Straftaten seit dem 7. Oktober: Der Terrorangriff der Hamas auf Israel habe auch auf deutschen Straßen eine Welle von Judenhass ausgelöst, sagte Felix Klein, der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, am Donnerstag vor Journalisten in Berlin.
Die Zahl der antisemitischen Straftaten sei seit dem 7. Oktober in die Höhe geschnellt. »Und dennoch regt auch die Situation der Jüdinnen und Juden in Deutschland weit weniger Mitgefühl und Solidarität in der Gesellschaft, als ich es für notwendig halte«, so Klein. Das beschämend hohe Niveau judenfeindlicher Taten habe sich normalisiert, so sehr, dass es aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden sei.
Der Internationale Holocaustgedenktag am 27. Januar sei Anlass, sich der Tragweite von Antisemitismus in Deutschland bewusst zu werden. Der Kampf gegen Judenhass sei aber an jedem einzelnen Tag des Jahres relevant: »Unsere Solidarität mit Jüdinnen und Juden ist nicht saisonal. Sie muss permanent sein.«
»Israelbezogene Antisemitismus reicht weit in die Mitte der Gesellschaft hinein«, stellte Felix Klein fest
Jede Form von Antisemitismus habe Auswirkungen auf Juden in Deutschland. Doch würden viele antisemitische Täter heute die Existenz des Staates Israel zum Anlass nehmen, ihren Hass auf Juden und Jüdinnen zu äußern. »Israelbezogene Antisemitismus reicht weit in die Mitte der Gesellschaft hinein«, stellte Felix Klein fest.
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, betonte, dass die meisten antisemitischen Vorfälle auf der Straße stattfanden, also im öffentlichen Raum. Dies sei »eine große, auch mentale Belastung für Jüdinnen und Juden in Deutschland«. In Folge dieser Entwicklung würden Juden und Jüdinnen im Alltag seltener jüdische Symbole tragen und weniger jüdische Veranstaltungen und Gottesdienste besuchen als noch vor dem 7. Oktober.
Eine vom Zentralrat durchgeführte Befragung unter den Gemeindevorsitzenden zeige die Ambivalenz, dass die Gemeinden mit den Sicherheitsbehörden zwar äußerst gut zusammenarbeiten, gleichzeitig sei die Verunsicherung, sich öffentlich als Jude zu erkennen zu geben, sehr hoch. Schuster sagte: »Jüdisches Leben ist weniger sichtbar geworden.«
Antisemitismus taucht auf, wo die offene Gesellschaft abgelehnt wird und die Grundsätze der Verfassung missachtet werden
Es brauche Empathie mit den Betroffenen, dies gelte in diesen Zeiten ganz besonders für die Bedrohung des islamistischen Antisemitismus in der Gesellschaft. Antisemitismus tauche dort auf, wo die offene Gesellschaft abgelehnt wird und die Grundsätze der Verfassung missachtet werden, sagte der Zentralratspräsident. Antisemitismus müsse daher »entschieden verfolgt und bekämpft werden«.
Für die Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) sagte die Vorstandsvorsitzende Andrea Despot, dass ihre Organisation dem Auftrag folge, die Erinnerung an das von den Nationalsozialisten begangene Unrecht auch für kommende Generationen wachzuhalten. Daraus leite man die Verantwortung ab, entschieden gegen Antisemitismus und jede Form von Rassismus einzutreten. »Als demokratische Gesellschaft und Akteurinnen der historisch politischen Bildung stehen wir vor der gemeinsamen Aufgabe, für jüdisches Leben und seine Vielfalt in Deutschland einzutreten.« Es gelte, geschichtsbewusst gegen Hass und Hetze auf Jüdinnen und Juden vorzugehen, für gleiche Würde und gleiche Rechte aller Menschen in unserem Land einzustehen.«
Und in Bezug auf die AfD sagte Andrea Despot: »Ihre Menschenverachtung gilt am schrillsten noch den Migranten. Aber die extreme Rechte kommt ohne Feindschaft gegen Juden und antisemitische Denkfiguren nicht aus, wenn oft auch auf rhetorischen Umwegen.« ddk